Leitsatz (amtlich)
Gemäß § 1778 BGB, der auch auf Pflegschaften entsprechend anwendbar ist, hat das Gericht den Vormund auszuwählen, der am besten geeignet ist, für den Pflegling zu sorgen. Dem trägt § 87 c Abs. 3 SGB VIII Rechnung, wonach grundsätzlich das Jugendamt zuständig ist, in dessen Bereich das Kind im Zeitpunkt der Bestellung des Pflegers seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 3. wird der Beschluss des Amtsgerichts Lübben (Spreewald) vom 19.6.2023 - 30 F 169/22 - in Ziffer 2 seines Ausspruchs abgeändert:
Das Jugendamt des Landkreises (A) wird als Ergänzungspfleger entlassen.
Zum Ergänzungspfleger für die Sorgerechtsteile Aufenthaltsbestimmungsrecht und Recht zur Antragstellung nach den sozialrechtlichen Vorschriften für den Jugendlichen R... B..., geboren am ...2008, wird das Jugendamt des Landkreises (B) bestellt.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Beschwerdeführer zu 3. beanstandet seine Bestellung zum Ergänzungspfleger für den betroffenen Jugendlichen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im örtlichen Zuständigkeitsbereich eines anderen Landkreises hat.
Mit der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts sind der allein sorgeberechtigten Kindesmutter die im Ausspruch dieser Entscheidung aufgeführten Teilbereiche der elterlichen Sorge für den hier betroffenen Jugendlichen entzogen worden. Das Amtsgericht hat insoweit Ergänzungspflegschaft angeordnet und unter Ziffer 2. seines Ausspruchs den Beschwerdeführer, das für die Jugendhilfen nach § 34 SGB VIII für die Familie örtlich zuständige Jugendamt, zum Ergänzungspfleger für den Jugendlichen bestellt.
Der Jugendliche hat seit Mai 2023 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer Einrichtung der Jugendhilfe, einer Wohngruppe in ... . Eine Veränderung seines Lebensmittelpunkts ist nicht geplant. R... selbst möchte weiterhin dort wohnen, seine Mutter ist damit einverstanden. Ihr gegen die angefochtene Entscheidung gerichtetes Rechtsmittel hat sie im Erörterungstermin vom 10.11.2023 zurückgenommen (Bl. 32 elA).
Mit seiner Beschwerde (Bl. 76 PA) wendet der Beschwerdeführer seine örtliche Unzuständigkeit für die Wahrnehmung der Amtspflegschaft und die räumliche Distanz von 180 Kilometern zum Wohnsitz des Jugendlichen ein, die persönliche Kontakte zum Pflegling extrem erschwere.
Der Senat hat die Beteiligten angehört und die Sache erörtert (Bl. 31 ff.). Das Jugendamt des Landkreises (B) ist schriftlich angehört worden (Bl. 35) und hat seine Bereitschaft zur Übernahme der Ergänzungspflegschaft mitgeteilt (Bl. 36 PA).
II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig. Insbesondere ist das beschwerdeführende Jugendamt beschwerdeberechtigt, soweit es sich - wie vorliegend - nur gegen seine Auswahl und Bestellung zum Ergänzungspfleger wendet (BGH FamRZ 2012, 292; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, JAmt 2020, 322; KG BeckRS 2015, 14468; OLG Brandenburg, 2. Senat für Familiensachen, BeckRS 2014, 19241; BeckOK BGB/Bettin, Stand 01.08.2023 § 1809 Rn. 17; BeckOGK BGB/B. Hoffmann, Stand 1.11.2023, § 1778 BGB Rn. 165 f.).
Die Beschwerde ist auch begründet und führt zur Änderung der Pflegerbestellung in der angefochtenen Entscheidung.
Für die gemäß § 1809 BGB angeordnete Pflegschaft gilt § 1813 BGB. Danach sind auf Pflegschaften die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften grundsätzlich entsprechend anwendbar. Gemäß § 1778 BGB hat das Gericht den Vormund auszuwählen, der am besten geeignet ist, für den Pflegling zu sorgen. Dem trägt § 87 c Abs. 3 SGB VIII Rechnung, wonach grundsätzlich das Jugendamt zuständig ist, in dessen Bereich das Kind im Zeitpunkt der Bestellung des Pflegers seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (BeckOGK/Fröb, SGB VIII, Stand 1.6.2023, § 87c SGB VIII Rn. 9), vorliegend das Jugendamt des Landkreises (B).
Sachliche Gründe für ein Abweichen von der Bestellung des nach § 87 c Abs. 3 SGB VIII zuständigen Jugendamts sind vorliegend auch nicht ersichtlich. Aufgrund der großen räumlichen Distanz wären persönliche Kontakte zwischen dem Beschwerdeführer und R... praktisch extrem erschwert. Das Jugendamt des Landkreises (B) hat die Bereitschaft zur Übernahme der Amtspflegschaft erklärt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Die Wertfestsetzung folgt §§ 55 Abs. 2, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16131290 |