Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 01.07.2022 - 60 VI 680/21 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdewert wird auf bis zu 600.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Antrag vom 30.08.2021 begehrt die Antragstellerin die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin der Erblasserin ausweist.

Die Erblasserin hat gemeinsam mit ihrem am ... 2005 vorverstorbenen Ehemann am 29.04.1991 ein notarielles Testament errichtet, mit dem sich die Ehegatten wechselseitig jeweils zu ihrem Alleinerben und - ihre Ehe blieb kinderlos - ihre Mütter, E... B... und E... C..., zu jeweils 1/2 als Schlusserbinnen eingesetzt haben. Nach § III des notariellen Testaments sollten für den Fall des Versterbens eines Erben dessen Abkömmlinge als Ersatzerben an dessen Stelle treten. Die Mütter sind vorverstorben. Von der Mutter der Erblasserin stammt der am ... 2020 vorverstorbene Sohn G... M... (der Bruder der Erblasserin) ab, dessen Tochter die Beteiligte zu 3 ist. Der Beteiligte zu 2 ist ein weiterer Sohn der E... B.... In § IV des notariellen Testaments haben die Ehegatten dem jeweils Überlebenden das Recht eingeräumt, das Testament nach dem Tod des Erstversterbenden zu ändern oder in anderer Weise Verfügungen von Todes wegen zu treffen.

Die Antragstellerin beruft sich zur Begründung ihres Erbscheinsantrags auf ein Testament vom 07.12.2016, das folgenden Wortlaut hat:

"Testament

Der von mir eingesetzte Erbe soll folgende Vermächtnisse erfüllen.

1. Frau B... W... ... . Sie übernimmt das gesamte Anwesen mit Nebenbauten Seitenhaus u. Garagentrakt. ... (X1) OT (X2), ... 25.

2. D... M...

... VRB-Vertrag

80.00 s. Vertrag

3. C... K...

...

20.000 EUR

4. J... K...

...

20.000 EUR

5. M... K ...

...

20.000 EUR

6. S... K ...

...

30.000 EUR

7. F...-R..., R...

...

10.000 EUR

Zu 1. Frau B... W... übernimmt

...

100.000 EUR

Beerdigung -/

...

46.000 EUR

Auffüllung des Grabes, neue u. zusätzl. Beschriftung bzw. Veränderungen

Grabrede - verantwortl. Frau R... - bei Fa. Steinmetzmeisterin G... (X1)

+ Fr. B... W...

Grabstätte Kauf (X1) Stadt

- 1 -

Testament

Herrn K...-D... M... ... überschreibe ich die 3 Anteile am Hausgrundstück ...weg 16 in (X2).

Das Grundstück W... Flur 3, Flurstück. 162 Gemeinde (X1)/T... F... geht an Herr K... B... ...

Das Brachland (X1), ... 2, Herr und Frau L... beabsichtigen die Übernahme von Flurstück 283/2 + 283/3 - vereinbarte Preis ist einzuziehen und die notarielle Beglaubigung kann danach erfolgen. Mein Einverständnis liegt vor.

Mein Auto vermache Herrn K...-D... M... -

7.12.2016 (Unterschrift)

- 2 -

Testament

Das Restguthaben auf den Konten ist für die Begleichung von offenen Forderungen zu verwenden. Der Geldbetrag, der als Endbetrag festgestellt wird ist an das Kinderbetreuungsheim ... bei (X1) Krs TF zu überweisen.

Frau K... ist durch mich ermächtigt die mögliche Zahlung an das Heim abzufordern.

7.12.2016

(Unterschrift)

- 3 -".

Der Beteiligte zu 2 tritt der Erteilung des beantragten Erbscheins entgegen. Er meint, er sei Schlusserbe aufgrund des notariellen Testaments vom 29.04.1991.

Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 01.07.2022 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass die Erblasserin die Antragstellerin testamentarisch zu ihrer Alleinerbin bestimmt habe. Zwar dürfe die Erblasserin an das notarielle Testament vom 29.04.1991 wegen der Regelung in dessen § IV nicht gemäß § 2271 BGB gebunden gewesen sein. Auch könne dahinstehen, ob die von der Antragstellerin in Bezug genommene Verfügung formal wirksam gemäß §§ 2064, 2247 BGB errichtet worden sei, obwohl die erste Seite (anders als die beiden nachfolgenden Seiten) nicht von der Erblasserin datiert und unterzeichnet worden und die Seiten 2 und 3 jeweils mit "Testament" überschrieben seien. Denn die geltend gemachte Alleinerbenstellung könne der Verfügung selbst bei unterstellter Wirksamkeit nicht entnommen werden. Eine ausdrückliche Bestimmung der Antragstellerin als Alleinerbin fehle. Vielmehr bliebe bei der von der Erblasserin gewählten Formulierung "der von mir eingesetzte Erbe" offen, wer damit gemeint sei. Die Verfügung, die sich nur zu den von dem Erben zu erfüllenden Vermächtnissen verhalte, setze ihrem Wortlaut nach vielmehr eine zeitlich vorangegangene Erbenbestimmung voraus. Die Erbenbestimmung in dem notariellen Testament vom 29.04.1991 könne wohl nicht gemeint sein, da damit mehrere Erben eingesetzt worden seien. Etwaige mündliche Erklärungen der Erblasserin hätten mangels Wahrung der Form keine wirksame Erbeinsetzung begründen können. Auch wenn der Antragstellerin mit dem Wohngrundstück und einem Betrag von 100.000 EUR ein erheblicher Anteil des Vermögens der Erblasserin habe zukommen sollen, stellten diese Zuwendungen in Anbetracht der anderweitig zugedachten Grundstücks-, Fahrzeug- und Geldvermögenswerte nicht das wesentliche Vermögen der Erblasserin dar, so dass die Antragstellerin - auch nicht entgegen der eindeutigen Bezeichnung der Zuwendung als Vermächtnis - als Alleinerbin ...

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