Leitsatz (amtlich)

1. Weist eine Partei im Aufhebungsverfahren gem. § 124 Nr. 4 ZPO auf eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage hin, kann dies als Abänderungsantrag gem. § 120 Abs. 4 ZPO zu deuten sein.

2. Eine Abänderung der Prozesskostenhilfebewilligung gem. § 120 Abs. 4 ZPO kommt zumindest zugunsten der Partei auch rückwirkend, d.h. auch für die Zeit vor Eingang des Abänderungsantrages, in Betracht.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4, § 124 Nr. 4

 

Verfahrensgang

AG Perleberg (Beschluss vom 07.02.2005; Aktenzeichen 16a F 221/02)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann nicht aus den vom AG angeführten Gründen aufgehoben werden.

Gemäß § 124 Nr. 4 ZPO kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist. Weist eine Partei im Aufhebungsverfahren auf eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage hin, kann dies als Abänderungsantrag gemäß § 120 Abs. 4 ZPO zu deuten sein (OLG Brandenburg v. 27.3.2000 - 10 WF 35/99, OLGReport Brandenburg 2001, 253; FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 299; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 124 Rz. 19a). Der Rechtspfleger beim AG hat das Vorliegen eines solchen Abänderungsantrags auch erwogen, wie der Umstand zeigt, dass er den Antragsgegner unter dem 27.1.2005 gebeten hat, seine Angaben im Schreiben vom 11.1.2005 zu belegen und dabei die Auffassung geäußert hat, dass eine Abänderung immer nur für die Zukunft erfolgen könne, weshalb zunächst die Raten in festgesetzter Höhe zu zahlen seien. Diese Auffassung ist im Hinblick darauf, dass das Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO, von dem Ausnahmefall einer Änderung der nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Satz 1 ZPO maßgebenden Beträge abgesehen, eines Antrags nicht bedarf (vgl. FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 291), unzutreffend (OLG Saarbrücken v. 25.2.2000 - 4 W 404/99-51, OLGReport Saarbrücken 2000, 374; Zöller/Philippi, ZPO, § 120 Rz. 32). Jedenfalls eine Abänderung zugunsten der Partei kommt auch rückwirkend in Betracht.

Der Rechtspfleger beim AG wird über den Abänderungsantrag nach § 120 Abs. 4 ZPO zu befinden haben. Dabei wird er berücksichtigen, dass ein solcher Antrag der Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 4 ZPO nur dann entgegengehalten werden kann, wenn die Zahlungsverzögerung auf einer Verschlechterung der Einkommensverhältnisse des Bedürftigen beruht. Hat die Partei hingegen die Raten schon zu einer Zeit nicht gezahlt, als sie noch leistungsfähig war, bleibt es bei der Anwendung des § 124 Nr. 4 ZPO auch dann, wenn die Partei später leistungsunfähig wird (FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 291). Das AG wird daher weitere Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners zu treffen haben. Dies betrifft nicht nur die gegenwärtige Situation des Antragsgegners, sondern auch seine persönliche und wirtschaftliche Lage bei Einstellung der Ratenzahlungen. Bei der Prüfung, über welches einzusetzende Einkommen der Antragsgegner verfügt, wird das AG auch zu beachten haben, dass in den Verfahren 16a F 221/02 und 16a F 232/03 Prozesskostenhilfe gegen Zahlung von Raten unterschiedlicher Höhe bewilligt worden ist. Prozesskostenhilfe-Raten aus früheren Bewilligungsverfahren stellen grundsätzlich besondere Belastungen i.S.v. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO (Zöller/Philippi, ZPO, § 115 Rz. 41).

Da das AG noch weitere Ermittlungen anzustellen hat, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen, § 572 Abs. 3 ZPO (FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 197).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1566705

FamRZ 2006, 1854

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