Entscheidungsstichwort (Thema)
Sorgerechtsentzug wegen mangelnder Erziehungsfähigkeit
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Beschluss vom 07.10.2010; Aktenzeichen 39 F 55/10) |
Tenor
Die befristete Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des AG Oranienburg vom 7.10.2010 - Az. 39 F 55/10 - wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1. ist die allein sorgeberechtigte Mutter der heute 10-jährigen V., des 8-jährigen St., der 6-jährigen S. und des 3¾ Jahre alten J. H. Sie und die Kinder lebten gemeinsam mit dem Kindesvater.
Das Jugendamt ist auf Initiative der Kindesmutter seit Ende 2007 involviert. Anlass waren seinerzeit massive Probleme der ältesten Tochter V.; im Sommer 2008 geriet sodann zunehmend St. in den Fokus.
Im Frühjahr 2009 trennten sich die Kindeseltern durch Auszug des Kindesvaters. Zum 1.7.2009 bezog die Kindesmutter auf dringendes Anraten des Jugendamtes mit ihren vier Kindern eine Wohnung in einem Familienwohnprojekt in H. Dort war eine Betreuung an sechs Stunden täglich von Montag bis Freitag sichergestellt. Veranlasst durch konkrete Äußerungen V. s, die den Verdacht eines sexuellen Missbrauchs durch ihren Vater aufkommen ließen und von der Kindesmutter, deren Beziehung zum Kindesvater wieder auflebte und die - absprachewidrig - auch eine Übernachtung des Kindesvaters im Wohnprojekt zuließ, hat das Jugendamt am 14.8.2009 V. und S. in Obhut genommen und parallel dazu ein Sorgerechtsverfahren eingeleitet und zugleich um Erlass einer einstweiligen Anordnung dahin nachgesucht, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle Kinder und zudem für die Töchter V. und S. das Sorgerecht für die Teilbereiche Gesundheitsfürsorge und Antragstellung vorläufig auf das Jugendamt übertragen werde.
Im Anhörungstermin am 25.8.2009 erklärte die Kindesmutter ihr Einverständnis mit der vorläufigen Unterbringung ihrer Töchter in einer Bereitschaftspflege und mit der Fortsetzung ihres Aufenthalts mit den Söhnen im Wohnprojekt. Danach sahen alle Beteiligten keinen Bedarf für vorläufige gerichtliche Maßnahmen mehr. In der Hauptsache wurde ein familienpsychologisches Gutachten in Auftrag gegeben.
Der Kindesvater beteiligte sich an der Begutachtung nicht. Mit dem am 13.4.2010 vorgelegten Gutachten kommt der Sachverständige mit näherer Darlegung zu der Empfehlung, dass die Fremdunterbringung der Töchter fortzusetzen und zudem die Herausnahme der beiden Söhne veranlasst sei. Zur Herstellung ihrer Erziehungsfähigkeit hat der Sachverständige der Kindesmutter die Inanspruchnahme sozialpädagogischer und psychotherapeutischer Hilfe angeraten.
Das Jugendamt hat sich die Empfehlungen des Sachverständigen zu Eigen gemacht und nach der Geburt von M. am ... April 2010 erneut erhebliche Schwierigkeiten in der Alltagsbewältigung außerhalb der Betreuungszeiten im Wohnprojekt geschildert.
Die Kindesmutter ist dem Antrag des Jugendamtes entgegengetreten. Ihr sei bewusst, dass sie Hilfe benötige; sie sei auch uneingeschränkt mitwirkungsbereit; die Erziehungsratschläge der Familienberaterin seien verinnerlicht und würden befolgt. In ihren Schilderungen der Besorgnis erregenden Umstände in der Wohnung und dem familiären Zusammenleben übertrieben die Betreuer in dem Wohnprojekt allerdings. In Bezug auf den nachgeborenen M. gebe es jedenfalls gar keinen Grund für familiengerichtliche Maßnahmen.
Im Verhandlungstermin am 16.9.2009 hat das Jugendamt hervorgehoben, dass trotz des intensiven Personaleinsatzes keine wirklich spürbare Verbesserung im Versorgungs- und Erziehungsverhalten der Mutter festzustellen sei und diese auch nur eingeschränkt zuverlässig in der Wahrnehmung verabredeter Termine sei. Im Nachgang zu diesem Verhandlungstermin hat das Jugendamt die Familienhilfe sofort eingestellt und die Kindesmutter "überredet", die Söhne J. und St. in einem Kinderhaus stationär unterbringen zu lassen; in Bezug auf M. wurde eine Fremdunterbringung nach Entlassung aus dem Krankenhaus angekündigt; parallel dazu ist am 20.9.2010 das Nutzungsverhältnis in dem Familienwohnprojekt gekündigt worden.
Mit Beschluss vom 7.10.2010 hat das AG der Kindesmutter das elterliche Sorgerecht für die Teilbereiche Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitsfürsorge schulische Belange und Recht zur Beantragung von Hilfen zur Erziehung entzogen und auf das Jugendamt als Pfleger übertragen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Kindesmutter mit ihrer zulässig eingelegten befristeten Beschwerde, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens erster Instanz die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu erreichen sucht.
Im Senatstermin am 24.2.2010 ist eine verantwortliche Mitarbeiterin des Wohnprojektes in H. zu ihren Beobachtungen im Zuge der Betreuung der Kindesmutter und ihren Kindern befragt worden. Ferner hat der gerichtlich beauftragte Sachverständige sein Gutachten erläutert. Sämtliche Beteil...