Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei Anwendung des VAÜG ist eine Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung nur beim Ausgleich angleichungsdynamischer Anrechte des Verpflichteten möglich

 

Leitsatz (amtlich)

Im Anwendungsbereich des VAÜG ist die Ausgleichsform der Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung auf den Ausgleich angleichungsdynamischer Anrechte des Verpflichteten beschränkt.

 

Normenkette

VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 2; VAÜG § 4 Abs. 1 Nr. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Fürstenwalde (Beschluss vom 06.06.2006; Aktenzeichen 10 F 301/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG Fürstenwalde vom 6.6.2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die gem. § 621e ZPO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet. Der Versorgungsausgleich ist, wie vom AG zutreffend angenommen, in der Weise durchzuführen, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rentenanwartschaft von monatlich 99,46 EUR, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.8.2005, auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu übertragen ist, wobei der Monatsbetrag der Rentenanwartschaft in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen ist. Im Übrigen bleibt der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.

1. Die Feststellungen im angefochtenen Beschluss zu den von den Parteien erworbenen Versorgungsanwartschaften werden mit der Beschwerde im Grundsatz nicht angegriffen. Eine Abweichung ergibt sich nur insoweit, als das AG bei der Umrechnung der betrieblichen Altersversorgung des Antragstellers nach der Barwertverordnung einen Barwertfaktor von 4,4 zugrunde gelegt hat, während die Antragsgegnerin eine Berechnung mit dem Barwertfaktor 5,4 vorgenommen hat. Diese Diskrepanz erklärt sich daraus, dass das AG seiner Entscheidung offenbar noch die Tabelle 2 der alten Barwertverordnung zugrunde gelegt hat, die bei einem Lebensalter zum Ende der Ehezeit von 51 Jahren den Vervielfacher 4,4 vorgesehen hat. Aufgrund der 3. Verordnung zur Änderung der Barwertverordnung vom 3.5.2006 (BGBl. I, 1144 ff.) sind zum 1.6.2006 insbesondere neue Tabellen zur Barwertverordnung in Kraft getreten. In der Tabelle 2 ist nun bei einem Lebensalter zum Ende der Ehezeit von 51 Jahren ein Vervielfacher von 5,4 vorgesehen. Daraus folgt eine Höherbewertung der Anwartschaft des Antragstellers auf eine betriebliche Altersversorgung. Daran, dass der Antragsteller grundsätzlich ausgleichspflichtig ist, ändert sich nichts. Da der Ausgleich der Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung - wie noch näher auszuführen ist - dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten ist, kommt es auf die Heranziehung des alten Barwertfaktors durch das AG nicht an. Die Berechnung im Übrigen ist zutreffend, insbesondere die Ermittlung eines Ausgleichsbetrages von 99,46 EUR im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der Antragsgegnerin. Auf diese Berechnung kann daher verwiesen werden.

2. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann die Anwartschaft des Antragstellers auf eine betriebliche Altersversorgung nicht durch Anordnung einer Beitragszahlung gem. § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG ausgeglichen werden.

a) Mit Rücksicht darauf, dass beide Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung angleichungsdynamische Anrechte erworben haben, findet das Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetz (VAÜG) Anwendung, vgl. § 1 Abs. 2 VAÜG. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 VAÜG ist § 3b VAHRG vor der Einkommensangleichung mit der Maßgabe anzuwenden, dass § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG, also die Anordnung einer Beitragszahlung, nur in Ansehung solcher im Beitrittsgebiet erworbener Anrechte gilt, welche die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VAÜG erfüllen. Daraus folgt, dass sich die Ausgleichsform der Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung auf den Ausgleich angleichungsdynamischer Anrechte des Verpflichteten beschränkt (Senat, Beschl. v. 30.3.2000 - 10 UF 221/98, FamRZ 2001, 489; Beschl. v. 9.11.2006 - 10 UF 212/05, veröffentlicht bei juris; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, Beschl. v. 3.2.2005 - 9 UF 248/04, FamRZ 2005, 1489; OLG Dresden, Beschl. v. 15.3.2000 - 10 UF 690/99, FamRZ 2000, 962; Götsche, FamRZ 2002, 1235, 1239; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 2; Schwab/Hahne, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., VI, Rz. 387; Eißler, Versorgungsausgleich, 2. Aufl., Rz. 145; Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rz. 287; Rotax/Vogel, Praxis des Familienrechts, 3. Aufl., Teil 10, Rz. 1218; RGRK/Wick, BGB, 12. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 4; MünchKomm/Sander, BGB, 4. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 6; Soergel/Schmeiduch, BGB, 13. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 6; Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 3; Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung, 7. Aufl., § 4 VAÜG, Anm. 2.2, S. 783 sowie § 281a SGB VI, Anm. 2, S. 523...

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