Leitsatz (amtlich)
Eine Beschwerde ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer zwar dem Wortlaut seiner Erklärung nach Beschwerde einlegt, aber in weiteren Ausführungen ausdrücklich hinzusetzt, die vermeintlich angefochtene Entscheidung sei richtig und verletze ihn nicht in seinen Rechten.
Die Einführung eines neuen Verfahrensgegenstandes erst in der Beschwerdeinstanz erfordert eine zulässige Beschwerde.
Normenkette
FamFG § 64 Abs. 1 S. 3, §§ 223-224; VersAusglG §§ 19-20
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Beschluss vom 14.04.2014; Aktenzeichen 54 F 7/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG Neuruppin vom 14.4.2014 wird verworfen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.300 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Antragsgegnerin verfolgt Versorgungsausgleichsansprüche in Bezug auf eine Anwartschaft des Antragstellers beim Europäischen Patentamt.
I. Im Versorgungsausgleichsverfahren, das im Scheidungsverbund geführt worden ist, hat das Europäische Patentamt eine Auskunft über die Anwartschaften des Antragstellers erteilt, der dort während der Ehezeit Bediensteter war. Es hat darauf hingewiesen, als Organ der Europäischen Patentorganisation nicht der deutschen Gerichtsbarkeit zu unterliegen. Den auf die Ehezeit entfallenden Anteil des Ruhegehalts des Antragstellers hat es mit monatlich 1.452,43 EUR berechnet. Auf die Auskunft vom 23.7.2012 (Bl. 12 f. VA) wird im Übrigen verwiesen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG neben der Scheidung der Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin zwei Anrechte der Antragsgegnerin gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen. Einen weiteren Ausspruch zum Versorgungsausgleich enthält die Entscheidungsformel nicht. In den Gründen wird ausgeführt, nur die Antragsgegnerin habe Anrechte in der Ehezeit erworben. Auf den angefochtenen Beschluss wird verwiesen (Bl. 63 ff.).
Die Antragsgegnerin hat Beschwerde eingelegt. Sie meint, da ein Versorgungsausgleich durch das Europäische Patentamt nicht vorgenommen werden könne, müsse der Antragsteller seine dort bestehenden Ruhegehaltsansprüche ihr gegenüber selbst ausgleichen, indem er eine monatliche Altersrente in Höhe der Hälfte des berechneten Ehezeitanteils des Ruhegehalts zahle.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des AG Neuruppin - Familiengericht - vom 14.4.2014 zum Geschäftszeichen 54 F 7/12 abzuändern und den Antragsteller ergänzend zu verurteilen, an sie eine monatliche Altersrente i.H.v. 726,22 EUR zu zahlen.
Der Antragsteller beantragt, den Antrag der Antragsgegnerin abzuweisen.
Er meint, die Beschwerde sei unzulässig. Das AG habe das Anrecht des Antragstellers nicht teilen können. Einen Antrag auf schuldrechtlichen Ausgleich habe die Antragsgegnerin nicht gestellt.
Wegen des weiteren Vortrages der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Anlagen verwiesen.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 68 III 2 FamFG). Die Beteiligten haben ihre Ansichten schriftlich darlegen können. Zu den Zulässigkeitsbedenken des Senats (Vfg. v. 7.8.2014, Bl. 104) hat die Antragsgegnerin sich nicht geäußert. Es ist nicht ersichtlich, zu welchen weiteren Erkenntnissen eine mündliche Verhandlung führen könnte.
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Antragsgegnerin hat nicht erklärt, gegen den angefochtenen Beschluss Beschwerde einzulegen (§ 64 II 3 FamFG). Sie hält dem angefochtenen Beschluss nicht nur keinen Fehler entgegen, sondern sie legt sogar dar, er stimme mit dem materiellen Recht überein.
Die Beschwerde gegen eine Endentscheidung in Familiensachen (§ 58 I FamFG) ist ein echtes Rechtsmittel: Die Beschwerde dient der Abhilfe einer Beeinträchtigung von Rechten des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Beschluss (§ 59 I FamFG). Sie richtet sich auf eine erneute Entscheidung in der Sache (§ 69 I 1 FamFG) durch ein Gericht höherer Instanz (§ 119 I Nr. 1 GVG) mit dem Ziel, einen Fehler in der angefochtenen Entscheidung zu korrigieren, nämlich eine Abweichung jener Entscheidung vom materiellen Recht zu Lasten des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer muss diesen Fehler und die von ihm ausgehende Rechtsbeeinträchtigung nicht benennen. Er soll die Beschwerde begründen (§ 65 I FamFG), aber dies gehört nicht zu den Anforderungen an die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Unverzichtbar ist hingegen, dass der Erklärung des Beschwerdeführers zu entnehmen ist, dass er die Funktion des Rechtsmittels in Anspruch nehmen will, also die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung mit dem Ziel, einen Fehler zu korrigieren und einer Rechtsbeeinträchtigung abzuhelfen (Musielak/Borth-Borth/Grandel, FamFG, 4. Aufl. 2013, § 64 Rz. 5; MünchKomm/FamFG-A. Fischer, 2. Aufl. 2013, § 64 Rz. 12; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 64 FamFG Rz. 8; Keidel-Sternal, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 64 Rz. 27). Eine Beschwerde ist danach zulässig, wenn der Beschwerdeführer ohne weitere Begründung die Anfechtung der ergangenen Endentscheidung erklärt. Aber sie ist ...