Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintragung des anerkennenden Vaters bei zweifelhaftem Bestand einer Ehe der Mutter
Leitsatz (amtlich)
Bestehen über den Bestand einer Ehe Zweifel, darf der Standesbeamte den anerkennenden Vater nicht in das Geburtenregister eintragen. Damit die generelle Schwierigkeit, das Nichtbestehen einer Ehe mit Urkunden zu belegen oder im Gerichtsverfahren zu beweisen, nicht dazu führt, gar keinen Vater einzutragen, darf die Eintragung des anerkennenden Mannes nur dann abgelehnt werden, wenn für den Bestand einer Ehe zur Zeit der Geburt konkrete Anhaltspunkte bestehen, also nicht nur ganz ungesicherte Vermutungen und nicht nur formell und inhaltlich vage Hinweise, die sich aus den geführten Akten ergeben.
Normenkette
BGB § 1592 Nr. 1, § 1594 II; PStG § 48 I
Verfahrensgang
AG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 7 UF III 32/22) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. August 2023 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die von der Antragstellerin angestrebte Berichtigung des abgeschlossenen Geburtseintrages (§ 48 I PStG) kommt nicht in Betracht. Das Standesamt hat bei der Beurkundung der Geburt des Kindes der Antragstellerin den Beteiligten zu 5, der die Vaterschaft anerkannt hat, zutreffend nicht als Vater in das Geburtenregister eingetragen.
Als Vater ist in das Geburtenregister der Mann einzutragen, dessen Vaterschaft auf der Anwendung des materiellen Abstammungsrechts beruht. Der Vaterschaft des Beteiligten zu 5 auf Grund der von ihm erklärten Anerkennung steht gemäß § 1594 II BGB entgegen, dass gewichtige, nicht widerlegte Anhaltspunkte dafür bestehen, die Antragstellerin könne zur Zeit der Geburt verheiratet gewesen sein, so dass die gegenüber der Anerkennung vorrangige Vaterschaft des Ehemannes gemäß § 1592 Nr. 1 BGB besteht.
Das Vorrangverhältnis, das nach materiellem Abstammungsrecht (§ 1594 II BGB) zwischen der Vaterschaft auf Grund einer Ehe und auf Grund eines Anerkenntnisses besteht, wirkt auch personenstands- und verfahrensrechtlich: Die Vaterschaft auf Grund eines Anerkenntnisses darf nur eingetragen werden, wenn ausgeschlossen ist, dass die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt mit einem anderen als dem anerkennenden Mann verheiratet war.
Bestehen über den Bestand einer Ehe Zweifel, darf der Standesbeamte den anerkennenden Vater nicht eintragen. Damit die generelle Schwierigkeit, eine Nichttatsache - hier: das Nichtbestehen einer Ehe - mit Urkunden zu belegen oder im Gerichtsverfahren zu beweisen, nicht dazu führt, gar keinen Vater einzutragen - nicht den anerkennenden Vater und nicht den etwa unbekannten Mann, mit dem die Eheschließung eventuell ebenfalls nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist -, darf die Eintragung des anerkennenden Mannes nur dann abgelehnt werden, wenn für den Bestand einer Ehe zur Zeit der Geburt konkrete Anhaltspunkte bestehen, also nicht nur ganz ungesicherte Vermutungen und nicht nur formell und inhaltlich vage Hinweise, die sich aus den geführten Akten ergeben (vgl. OLG München, FGPrax 2006, 19, 20; OLG Hamm, FamRZ 2006, 1215 f.; OLG Karlsruhe, StAZ 2014, 210; OLG Oldenburg, FamRZ 2020, 1476, 1477).
Die Eintragung des Vaters zweier in Kamerun geborener Kinder der Antragstellerin in die dort ausgestellten Geburtsurkunden ohne Hinweis auf eine Anerkennung bieten konkrete Anhaltspunkte, die auf das Bestehen einer Ehe hinweisen. Es besteht mehr als nur eine theoretische Möglichkeit, dass diese Eintragungen zutreffen könnten.
Den entgegenstehenden, gegen eine Ehe sprechenden Aspekten kommt eine allenfalls gleichgewichtige Überzeugungskraft zu. Nach der Auskunft der deutschen Botschaft in Kamerun, an deren Sachkunde nicht gezweifelt werden muss, weist die Eintragung eines Vaters ohne den Vermerk einer Vaterschaftsanerkennung darauf hin, die Eltern seien verheiratet; dann nämlich beruhe - wie nach § 1592 Nr. 1 BGB - die Vaterschaft auf der Ehe. Es mag rätselhaft bleiben, weshalb derselbe Mann bei zwei weiteren Kindern der Antragstellerin auf Grund einer Anerkennung als Vater in die Geburtskurkunden aufgenommen wurde und jeweils zwei Eintragungen vermeintlich anerkannter und vermeintlich auf der Ehe beruhender Vaterschaften in der Geburtenfolge abwechseln. Die dadurch begründeten Zweifel sowohl gegenüber dem einen als auch gegenüber dem anderen Rechtsgrund der Vaterschaft lassen sich indes nicht mit besserer Gewissheit zu Gunsten der Vaterschaft kraft Anerkennung auflösen als zu Gunsten der Vaterschaft kraft Ehe.
Das gilt auch, wenn zusätzlich berücksichtigt wird, dass die Aufnahme einer Vaterschaftsanerkennung irrtümlich unterblieben sein könnte und dass Eltern, wie die Botschaft es ebenfalls für möglich gehalten hat, fehlerhaft wie verheiratet in die Geburtsurkunde eingetragen werden können. N...