Leitsatz (amtlich)

1. Wird Unterhalt im Rahmen eines Stufenantrags geltend gemacht, ist dem Antragsteller grundsätzlich Verfahrenskostenhilfe nicht allein für die erste Stufe, sondern sogleich für das gesamte Stufenverfahren zu bewilligen. Etwas anderes gilt allerdings, wenn sich das Auskunftsbegehren dadurch erledigt hat, dass der Anspruchsgegner die geforderte Auskunft erteilt hat. Dann lässt sich die Erfolgsaussicht des Zahlungsbegehrens erst nach Bezifferung des Zahlungsantrags beurteilen.

2. Jedenfalls bei der im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe gebotenen summarischen Prüfung wird man zugunsten des bedürftigen Anspruchstellers annehmen müssen, dass sein ursprünglich gestellter Antrag, der sich auf sämtliche Einkünfte ohne jede Ausnahme bezieht, dahin zu verstehen ist, dass es auch um die Auskunft über die wertbildenden Faktoren des Werts des mietfreien Wohnens geht und dass, wenn der Anspruchsgegner jedenfalls über die genaue Wohnfläche nicht hinreichend informiert hat, das Auskunftsbegehren, soweit es den Wohnvorteil betrifft, noch nicht erfüllt ist.

 

Normenkette

BGB § 1605

 

Verfahrensgang

AG Bernau (Aktenzeichen 6 F 491/15)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Antragsgegnerin kann Verfahrenskostenhilfe für die Folgesache über den nachehelichen Unterhalt nicht aus den vom Amtsgericht angeführten Gründen versagt werden.

1.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist davon auszugehen, dass die von der Antragsgegnerin anhängig gemachte Folgesache über den nachehelichen Unterhalt hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

a)

Die Antragsgegnerin macht nachehelichen Unterhalt im Rahmen eines Stufenantrags geltend. In einem solchen Fall ist, weil mit der Zustellung der Antragsschrift zugleich auch der Zahlungsantrag rechtshängig wird, grundsätzlich Verfahrenskostenhilfe nicht allein für die erste Stufe, sondern sogleich für das gesamte Stufenverfahren zu bewilligen (Senat, FamRZ 2007, 55, 56; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rn. 180; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 114 Rn. 37). Vor diesem Hintergrund ist regelmäßig im Rahmen eines Stufenverfahrens Verfahrenskostenhilfe insgesamt zu bewilligen, ohne dass es auf die Einzelheiten des Auskunftsantrags ankommt.

b)

Etwas anderes gilt allerdings, wenn sich das Auskunftsbegehren dadurch erledigt hat, dass der Anspruchsgegner die geforderte Auskunft erteilt hat. Dann lässt sich die Erfolgsaussicht des Zahlungsbegehrens erst nach Bezifferung des Zahlungsantrags beurteilen (Zöller/Geimer, a. a. O., § 114 Rn. 39). So liegt es hier aber nicht.

Allerdings ist das Amtsgericht im Grundsatz zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller seiner Verpflichtung, Auskunft über seine Einkünfte durch Vorlage einer systematischen Aufstellung gem. §§ 1580 Satz 2, 1605 Abs. 1 Satz 3, 260 BGB zu erteilen, nachgekommen ist. Die vom Antragsteller persönlich unterzeichnete, mit "Auskunft über mein Einkommen im Zeitraum 01.07.2015-30.06.2016" überschriebene Aufstellung (Bl. 98, 99 der Gerichtsakte) genügt den an eine solche Aufstellung zu stellenden Anforderungen grundsätzlich. Darauf, inwieweit der Anwaltsschriftsatz vom 9.9.2016 den Anforderungen genügt, worauf die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeschrift allein eingeht, kommt es nicht an. Diesem Schriftsatz war allerdings die Aufstellung vom 6.9.2016 als Anlage beigefügt.

Mit der Beschwerde hat die Antragsgegnerin aber ausdrücklich geltend gemacht, sie vermisse eine Auskunft des Antragstellers im Hinblick auf den Wohnvorteil, der dadurch besteht, dass der Antragsteller nunmehr das im Miteigentum der Beteiligten befindliche Hausgrundstück in P... allein bewohnt. Die Auskunftspflicht nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB erstreckt auf sämtliche Einkünfte (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 75. Aufl., § 1605 Rn. 9). Unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Einkünfte sind auch Vermögenserträge und sonstige wirtschaftliche Nutzungen, die aus einem Vermögen gezogen werden. Zu solchen Nutzungen des Vermögens zählen die Vorteile des mietfreien Wohnens im eigenen Haus; es handelt sich insoweit um Nutzungen des Grundstückseigentums i. S. v. § 100 BGB in Form von Gebrauchsvorteilen (Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 1 Rn. 473). Vor diesem Hintergrund kann auch Wohnvorteil Gegenstand eines Auskunftsbegehrens sein.

Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall, in dem neben der Auskunft über Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalerträgnisse auch die Auskunft über die wertbildenden Faktoren des Werts des mietfreien Wohnens begehrt war, entschieden, Letzteres könne dahin konkretisiert werden, dass der Anspruch durch Erteilung einer Ausk...

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