Leitsatz (amtlich)
1. Ein Kfz-Haftpflichtversicherer steht mit Rechtsanwälten nicht im Wettbewerb um die Kunden von Rechtsberatungsleistungen für aus Kfz-Unfällen Geschädigte.
2. Ein Kfz-Haftpflichtversicherer, der zum Ersatz des durch einen seiner Versicherungsnehmer zu verantwortenden Schadens verpflichtet ist, fördert auch nicht den fremden Wettbewerb anderer Rechtsanwälte, wenn er dem Geschädigten mitteilt, die nach Pauschalpositionen aufgestellte Sachverständigenrechnung sei nicht prüfbar, und ihn auffordert, einen Mahnbescheid oder eine Klageschrift des Sachverständigen an sie weiterzuleiten zur Prüfung, ob der Rechtsstreit geführt wird. Darin liegt die bloße Sachbearbeitung des konkreten Schadensfalles, es fehlt an der Absicht der Förderung fremden Wettbewerbs.
3. In einem derartigen Verhalten liegt auch keine Wettbewerbsverletzung durch Rechtsbruch. Es stellt keinen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz dar, weil der Kfz-Haftpflichtversicherer damit nicht eine fremde Rechtsangelegenheit besorgt, sondern eine eigene.
Normenkette
UWG §§ 1-4, 8
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 28.10.2004; Aktenzeichen 13 O 561/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt (Oder) vom 28.10.2004 abgeändert.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt.
Die Beklagten haben auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Klägerin betreibt ein Versicherungsunternehmen, das u.a. Kfz-Pflichtversicherungen anbietet. Die Beklagten sind Rechtsanwälte.
In der Schadenssache M. teilte die Klägerin, die zum Ersatz des durch einen ihrer Versicherungsnehmer zu verantwortenden Schadens verpflichtet war, mit Schreiben vom 18.3.2003 dem Geschädigten mit, die von ihm eingereichte, nach Pauschalpositionen aufgestellte Sachverständigenrechnung des Sachverständigen Q. sei nicht prüfbar. Da der Sachverständige die Rechnung nicht aufgeschlüsselt habe, sei die Vergütung bisher nicht bezahlt worden. Abschließend heißt es:
"Für den Fall, dass vom Sachverständigenbüro Q. gerichtliche Schritte gegen Sie (und uns) eingeleitet werden, möchten wir Sie bitten, unseren folgenden Hinweis zu beachten, damit Ihnen keine Nachteile entstehen:
o) Wenn Sie einen Mahnbescheid erhalten, müssen Sie innerhalb von 14 Tagen beim zuständigen Gericht ohne Begründung Widerspruch erheben. Senden Sie uns den Mahnbescheid und eine Kopie Ihres Widerspruchsschreibens umgehend zu.
o) Eine Klageschrift leiten Sie bitte unverzüglich an uns weiter. Fügen Sie bitte unbedingt den blauen bzw. gelben Briefumschlag bei, in dem Ihnen die Klageschrift übersandt wurde. Informieren Sie uns rechtzeitig über festgesetzte Termine.
Vergessen Sie nicht, unser Aktenzeichen anzugeben.
Wir prüfen, ob der Rechtsstreit geführt wird und nehmen uns der Angelegenheit an."
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, die Klägerin habe mit diesem Hinweis gegen das Verbot geschäftsmäßiger Rechtsberatung verstoßen. Mit ihrem Verstoß habe sie sich ihnen gegenüber, die als Rechtsanwälte die Rechtsberatung berufsmäßig betrieben, in unlauterer Weise einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie haben die Klägerin abgemahnt und von ihr Unterlassung des nach ihrer Ansicht wettbewerbswidrigen Verhaltens verlangt.
Die Klägerin hat die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben. Sie hat vielmehr ohne Gegenabmahnung auf Feststellung geklagt, dass ihr eine Belehrung, wie sie sie im Schreiben vom 18.3.2003 dem Geschädigten M. erteilt habe, von den Beklagten nicht untersagt werden könne. Sie hat geltend gemacht, das Begehren der Beklagten gehe zu weit und sei zu unbestimmt. Sie - die Klägerin - habe nicht im Wettbewerb gehandelt, sondern ihre eigene Angelegenheit ggü. dem Geschädigten M. vertreten.
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagten nicht berechtigt sind, ihr zu untersagen, Geschädigte aus Verkehrsunfällen über ihr Verhalten nach Erhalt von Mahnbescheiden oder Klagen zur Geltendmachung von Sachverständigenkosten zu belehren sowie eine Prüfung anzubieten, ob der Rechtsstreit geführt wird.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Nachdem die Klägerin ggü. dem von den Beklagten geltend gemachten wettbewerblichen Unterlassungsanspruch die Einrede der Verjährung erhoben hat, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das LG hat mit Beschl. v. 28.10.2004 der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91a ZPO auferlegt. Die Feststellungsklage sei von vornherein unbegründet gewesen. Die Klägerin habe mit ihrem Schreiben an den Geschädigten M. unerlaubte Rechtsberatung ausgeübt. Die Beklagten hätten sie deshalb zurecht abgemahnt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, die von den Beklagten ausgesprochene Abmahnung sei im Hinblick auf § 13 Abs. 5 a.F. UWG rechtsmissbräuchlich. Die Bekla...