Verfahrensgang
AG Oranienburg (Entscheidung vom 30.09.2019; Aktenzeichen 13 b OWi 71/18) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Oranienburg vom 30. September 2019 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen - mit Ausnahme der Feststellungen zur Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung - aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die Bußgeldrichterin des Amtsgerichts Oranienburg zurückverwiesen.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Oranienburg hat den Betroffene auf dessen rechtzeitig erhobenen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Zentraldienstes der Polizei des Landes Brandenburg vom 27. Februar 2018 (Az.: 474/17/0313044/9) mit Urteil vom 30. September 2019 wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 46 km/h mit einer Geldbuße von 160,00 EUR belegt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat unter der Gestaltungsmöglichkeit des § 25 Abs. 2a StVG angeordnet.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am ... Dezember 2017 als Fahrer eines PKWs mit dem amtlichen Kennzeichen ... die BAB ... in Fahrtrichtung B... . In Höhe des Autobahnkilometers 2,2 fuhr er statt der dort mittels Verkehrszeichen angeordneten Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h eine Geschwindigkeit von (mindestens) 166 km/h, wobei ein Toleranzabzug von 6 km/h berücksichtigt ist.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner (irrtümlich als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde bezeichneten) Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat mit Stellungnahme vom 8. Januar 2020 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Der Betroffene hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die form- und fristgerecht angebrachte Rechtsbeschwerde des Betroffenen führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen hinsichtlich der Fahrereigenschaft des Betroffenen und seinen persönlichen Verhältnissen. Aufrechterhalten bleiben können die Feststellungen zur Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung. Insofern ist die Rechtsbeschwerde unbegründet im Sinne der §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO.
Die den Feststellungen zur Fahrereigenschaft des Betroffenen zugrundeliegende Beweiswürdigung leidet an einem durchgreifenden Darstellungsmangel.
1. Das angefochtene Urteil konnte keinen Bestand haben, weil die Urteilsgründe den sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Darlegung von Gutachten, die nicht unter Anwendung eines allgemein anerkannten und weithin standardisierten Verfahrens erstattet worden sind, wie es bei einem anthropologischen Vergleichsgutachten der Fall ist, nicht gerecht werden. Nach ständiger obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung muss der Tatrichter, der ein Sachverständigengutachten eingeholt hat und ihm Beweisbedeutung beimisst, auch dann, wenn er sich dem Gutachten des Sachverständigen, von dessen Sachkunde er überzeugt ist, anschließt, in der Regel die Ausführungen des Sachverständigen in einer in sich geschlossenen (wenn auch nur gedrängten) zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrundeliegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Urteil wiedergeben, um dem Rechtsmittelgericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22. Juni 2017 - 3 RBs 216/17 - m.w.N.).
Selbst wenn man aufgrund der Benennung der Vielzahl (50) der festgestellten und übereinstimmenden Merkmale davon ausgehen könnte, dass die Darstellung der Ausführungen des Sachverständigen als ausreichend zu erachten sind, genügen diese Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung nicht, weil sie eine Überprüfung des Beweisergebnisses durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht zulassen.
a) Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ob das Messbild die Feststellung zulässt, dass der Betroffene der abgebildete Fahrzeugführer ist, hat danach allein der Tatrichter zu entscheiden. Mit der Rechtsbeschwerde kann grundsätzlich nicht beanstandet werden, der Betroffene sei entgegen der Überzeugung des Tatrichters nicht mit der auf dem Radarfoto abgebildeten Person identisch. Die Überprüfung dieser tatrichterlichen Überzeugung ist dem Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich versagt. Das folgt auch daraus, dass eine solche Prüfung eine Inaugenscheinnahme des Betroffenen voraussetzte, also ohne eine - unzulässige - (teilweise) Rekonstruktion der Hauptverhandlung nicht möglich wäre.
b) Hinsichtlich der Identifizierung eines Betroffenen anhand eines Lichtbildes sind der freien Beweiswürdigung durch den Tatrichter indes Grenzen gesetzt. So lässt etwa ein sehr unscharfes Foto oder ein Foto, auf dem das Gesicht des Fahrers nicht oder nur zu einem geringen ...