Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Voraussetzungen für die Durchführung des Versorgungsausgleichs vor der Angleichung der Anwartschaften im Beitrittsgebiet und den alten Bundesländern
Leitsatz (amtlich)
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG ist nur anzuwenden, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte Rentenbezieher ist. Dies setzt den tatsächlichen Bezug einer Rente voraus; ein laufender Rechtsstreit über den Bezug einer Rente genügt nicht.
Normenkette
VAÜG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Cottbus (Aktenzeichen 53 F 330/98) |
Tenor
1. Der Beschluss vom 30.4.2007 wird aufgehoben. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich bleibt ausgesetzt.
2. Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
3. Der Beschwerdewert beträgt 1.000 EUR.
Gründe
Die gem. § 621e ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat in vollem Umfang Erfolg. Das AG hat unzutreffend den Versorgungsausgleich bereits jetzt durchgeführt.
Insoweit ist zu beachten, dass die Antragstellerin an angleichungsdynamischen Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung 246,08 EUR (= 481,30 DM; vgl. Bl. 21 VA-Heft) und der Antragsgegner an angleichungsdynamischen Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung 183,11 EUR sowie an nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung 6,44 EUR (vgl. Bl. 88 R VA-Heft) während der Ehezeit (1.9.1986 bis 30.11.1998) erworben haben, wie das AG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat. Da insoweit einerseits die angleichungsdynamischen Anrechte der Antragstellerin, andererseits aber die nichtangleichungsdynamischen Anrechte des Antragsgegners überwiegen, ist der Versorgungsausgleich nur dann durchzuführen, wenn der sog. Leistungsfall vorliegt, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG. Hier ist erkennbar die Antragstellerin ausgleichspflichtig, wie das AG im Übrigen auch zutreffend durch Anwendung des Angleichungsfaktors errechnet hat. Zwar ist die Antragsstellerin Rentenbezieherin, gleichwohl ist der Leistungsfall aber nicht gegeben, da sie das Rentnerprivileg des § 101 Abs. 3 SGB VI schützt. Bezieht der Ausgleichsverpflichtete eine Leistung der Altersversorgung und ist diese aufgrund des Rentnerprivileges des § 101 Abs. 3 SGBVI, des Pensionärsprivileges nach § 57 Abs. 1 S. 2 BeamtVG, des Unterhaltsprivileges nach § 5 VAHRG oder nach den maßgebenden Vorschriften des Versorgungssystems (noch) nicht zu kürzen, liegt keine tatsächliche Auswirkung vor (OLG Naumburg FamRZ 2003, 40 (Ls); OLG Brandenburg FamRZ 1998, 1441 m. Anm. Kemnade; OLG Nürnberg FamRZ 1995, 1362; Rotax/Vogel Teil 10 Rz. 1191, 1195; AnwK-BGB/Rehbein, § 2 VAÜG Rz. 10; Hoppenz/Triebs, § 2 VAÜG Rz. 8; Götsche, jurisPR-FamR 17/2006 Anm. 3.).
Es kommt somit allein darauf an, ob der ausgleichsberechtigte Antragsgegner Rentenbezieher ist. Dies ist aber - jedenfalls derzeit - nicht der Fall. Soweit er vormals eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen hat, wird diese seit September 2006 mangels Weiterbewilligung nicht mehr gezahlt (vgl. auch Bl. 140 VA-Heft). Dass das Rentenverfahren aufgrund von Rechtsmitteln des Antragsgegners noch nicht abgeschlossen ist, spielt keine Rolle, da es für die Frage der tatsächlichen Auswirkung i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG auf den tatsächlichen Bezug der Rente ankommt.
Daher ist das Verfahren zum Versorgungsausgleich gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG zwingend auszusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 13a Abs. 1 FGG, 21 GKG, die Entscheidung zum Beschwerdewert auf § 49 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 1809994 |
FamRZ 2008, 419 |
JurBüro 2008, 166 |
OLGR-Ost 2008, 61 |