Tenor

Auf die Beschwerde des Vertreters der Landeskasse wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 15.08.2022, Az. 11 O 347/17, abgeändert.

Die Vergütung des Sachverständigen wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 19.05.2021 den Sachverständigen mit der Erstellung eines "Obergutachtens" beauftragt und dazu einen Kostenvorschuss in Höhe von 2.000,00 EUR angefordert. Mit Schreiben vom 03.06.2021 wurden dem Sachverständigen die Gerichtsakten übersandt. In dem Begleitschreiben wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass voraussichtlich Kosten entstehen, die den angeforderten Kostenvorschuss von 2.000,00 EUR erheblich übersteigen, der Sachverständige das Gericht rechtzeitig darauf hinzuweisen habe, und bei Verletzung der Hinweispflicht die Vergütung gemäß § 8a Abs. 4 JVEG auf die Höhe des Auslagenvorschusses zu begrenzen ist.

Der Sachverständige erstattete mit Datum vom 11.01.2022 sein schriftliches Gutachten und stellte dafür einen Betrag von 3.965,99 EUR in Rechnung.

Die Anweisungsbeamtin beim Landgericht brachte mit Verfügung vom 25.01.2022 unter Hinweis auf § 8a Abs. 4 JVEG einen Betrag von 2.000,00 EUR zur Anweisung. Mit Schreiben vom 09.02.2022 beantragte der Sachverständige die Auszahlung des vollen Rechnungsbetrages in Höhe von 3.965,99 EUR mit der Begründung, das Gutachten sei sehr aufwändig gewesen, da mehrere vorausgegangene Gutachten noch hätten bewertet werden müssen.

Der Bezirksrevisor ist dem Antrag entgegengetreten und hat gerichtliche Festsetzung der Vergütung in Höhe von 2.000,00 EUR beantragt.

Mit Beschluss vom 15.08.2022 hat das Landgericht die Vergütung des Sachverständigen auf 3.965,99 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, zwar übersteige der Betrag den dem Sachverständigen mitgeteilten Kostenvorschuss von 2.000,00 EUR um mehr als 20 %. Eine erhebliche Überschreitung des Auslagenvorschusses, die zu einer Kürzung der Vergütung führen könne, setze jedoch voraus, dass Kosteninteressen der Parteien tangiert seien. Eine Kürzung der Vergütung komme nicht in Betracht, wenn der Gutachtenauftrag bei einer rechtzeitigen Anzeige des Sachverständigen weder abgebrochen noch eingeschränkt worden wäre. Dies sei vorliegend nicht ersichtlich, die Klägerin sei zudem rechtsschutzversichert.

Gegen den Beschluss hat der Bezirksrevisor mit Schriftsatz vom 07.09.2022 Beschwerde eingelegt. Es sei in Rechtsprechung und Literatur strittig, ob auch nach dem Inkrafttreten des zweiten Kostenmodernisierungsgesetzes zu prüfen sei, ob im Falle der rechtzeitigen Mitteilung durch den Sachverständigen es zum Abbruch oder Einschränkung des Gutachtenauftrages gekommen wäre. Der Auffassung, dass eine Kappung immer zu erfolgen habe, unabhängig davon, ob es im Falle der rechtzeitigen Mitteilung zum Abbruch des Gutachtenauftrages gekommen wäre, sei sich anzuschließen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 13.09.2022 der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, die Neuregelung des § 8a Abs. 4 JVEG ändere nichts daran, dass eine Kürzung der Vergütung nicht in Betracht komme, wenn bei rechtzeitiger Anzeige dieselben Kosten entstanden wären. Aus der Gesetzesbegründung sei nicht ersichtlich, dass die Vergütung des Sachverständigen auch dann gekürzt werden solle, wenn die mögliche Verletzung der Anzeigepflicht die wirtschaftlichen Interessen der Parteien nicht berühre. Sofern mit der Gesetzesänderung beabsichtigt gewesen sei, gewisse von der Rechtsprechung entwickelte Kriterien wie die Einbeziehung des wirtschaftlichen Interesses der Parteien nicht zur Anwendung gelangen zu lassen, sei dies aus der Gesetzesbegründung nicht ersichtlich. Es sei an der Rechtsprechung festzuhalten, wonach eine erhebliche Überschreitung des Kostenvorschusses nur dann angenommen werden könne, wenn die rechtzeitige Anzeige zu einem Abbruch oder einer Einschränkung des Gutachtenauftrages geführt hätte.

Der Sachverständige führt in seiner Stellungnahme aus, dass bereits drei Vorgutachten unterschiedlicher Fachrichtungen erstellt worden seien und der an ihn gestellte Gutachtenauftrag weit über die Vorgutachten hinausgegangen sei. Er habe sich bemüht, den Fall an sich als auch die Vorgutachten sorgfältig zu bewerten. Diese Bewertung sei zudem nicht einfach gewesen; es sei ein sehr umfangreiches medizinisches Gutachten entstanden. Das zuletzt erstellte Vorgutachten habe bereits den gesetzten Rahmen von 2.000,00 EUR weit überschritten. Aufgrund der umfangreichen Vorgutachten sei ein Obergutachten mit geringerem Aufwand kaum vorstellbar.

II. Die Beschwerde des Vertreters der Landeskasse ist nach § 4 Abs. 3 JVEG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Vergütung des Sachverständigen ist gemäß § 8a Abs. 4 JVEG auf die Höhe des Auslagenvorschusses von 2.000,00 EUR zu begrenzen.

1. Nach § 8a Abs. 4 JVEG erhält der Sachverständige die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich übersteigt und der Sachverständi...

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