Verfahrensgang
AG Königs Wusterhausen (Beschluss vom 27.12.2023; Aktenzeichen 5 F 437/19) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Kindesmutter vom 15.01.2024, gerichtet gegen den Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 27.12.2023, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Kindesmutter auferlegt.
3. Der Beschwerdewert beträgt 4.000 EUR.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Kindesmutter ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 6 Abs. 2 FamFG, 567 ff. ZPO). In der Sache bleibt sie ohne Erfolg, sie ist unbegründet.
Ob der im Ablehnungsgesuch vorgebrachte zentrale Vorwurf (verkürzt: Nichtgewährung rechtlichen Gehörs wegen nichtvorheriger Zuleitung der Sachverständigen-/Kindesvaterstellungnahmen) in der Sache zutrifft - was allerdings angesichts des hier geltenden Beschleunigungsgrundsatzes (§ 155 Abs. 1 FamFG) und dem damit verbundenen weiten richterlichen Ermessen über die Verfahrenshandhabung (BGH NJW 2014, 939) sehr fraglich erscheint - kann offenstehen. Jedenfalls rechtfertigt ein eventueller Verstoß nicht die Ablehnung der (nunmehr) zuständigen Amtsrichterin.
1. Nach §§ 6 Abs. 1 S. 1 FamFG, 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der böse Schein, das heißt der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität (BVerfG, NJW 2012, 3228). Entscheidend ist, ob ein Verfahrensbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn ein Beteiligter bei verständiger Würdigung des Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter eine Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGH NJW-RR 2022, 209). Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht eines verständigen Beteiligten berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des abgelehnten Richters aufkommen lassen (st. Rspr. d. BGH, z.B. BGH NJW-RR 2023, 431 m.w.N.), während rein subjektive Vorstellungen oder Gedankengänge des Ablehnenden als Ablehnungsgründe ausscheiden (BGH NJW 2021, 385).
2. Nach allgemeiner Auffassung kann die Richterablehnung grundsätzlich nicht auf die Verfahrensweise eines Richters gestützt werden.
Die Befangenheitsablehnung stellt kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle dar. Denn im Ablehnungsverfahren geht es allein um die Parteilichkeit des Richters und nicht um die Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung allein dem Rechtsmittelgericht vorbehalten ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen - insbesondere verfassungsrechtlichen - Grundsätzen entfernen, dass sie aus der Sicht der Partei nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch jedenfalls sachfremden Einstellung des Richters erwecken (Anwaltsgerichtshof Hamm v. 02.09.2022 - 1 AGH 6/22 -, juris).
Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. etwa BVerfGE 84, 188 m.w.N.). Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet umgekehrt das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.
Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Bereits aus der Formulierung klar ergibt folgt jedoch, dass nicht jeder Verstoß gegen das rechtliche Gehör zu der objektivierbaren Annahme einer Besorgnis der Befangenheit führt. Erforderlich ist vielmehr eine Verkürzung des rechtlichen Gehörs mit einigem Gewicht (OLG Hamburg NJW-RR 2018, 831; OLG Hamm FamRZ 2014, 324; G. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 42 ZPO Rn. 23); es muss sich um einen solch groben Verfahrensfehler handeln, dass die Handhabung des Verfahrens einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und dadurch die Rechte des Betroffenen gravierend beeinträchtigt sind (BVerfG v. 12.12.2023 - 1 BvR 75/22 -, juris).
3. Die unterlassene Zuleitung von Schriftsätzen bzw. Stellungnahmen vor Erlass einer Entscheidung mag zwar einen Verfahrensverstoß darstellen, begründet aber für sich betrachtet objektiv nicht die Besorgnis der Befangenheit (vgl. auch Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 44. Aufl. § 42 Rn. 18 m.N. zur Rspr.). Dies ...