Leitsatz (amtlich)
1. Die Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüchen stellt eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind gemäß § 1628 BGB dar.
2. Beim Wechselmodell muss der Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält und dies gerichtlich klären lassen will, entweder die Bestellung eines Ergänzungspflegers für das Kind herbeiführen oder der Elternteil beim Familiengericht beantragen, ihm gemäß § 1628 BGB die Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt allein zu übertragen. Im Regelfall besteht dafür ein Wahlrecht.
Verfahrensgang
AG Königs Wusterhausen (Aktenzeichen 5 F 512/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 05.02.2020 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Königs Wusterhausen vom 06.12.2019 (Az. 5 F 512/1 abgeändert:
Dem Antragsteller wird das Recht zur Geltendmachung von Kindesunterhalt für die Kinder T+B allein übertragen.
Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.
Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin jeweils zur Hälfte. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern der nichtehelichen Kinder T+B. Die Eltern trennten sich Ende 2016. Seit dieser Zeit betreuen sie die Kinder im Rahmen eines paritätischen Wechselmodells. Es besteht gemeinsame elterliche Sorge.
Seit Ende 2017 streiten die Eltern um den Kindesunterhalt. Sie wandten sich zunächst an das zuständige Jugendamt zwecks Beratung und Berechnung der Unterhaltsansprüche. Zu einer Einigung kam es aber nicht.
Beide Eltern sind berufstätig. Die Kindesmutter verfügt über die höheren Einkünfte.
Mit Schriftsatz vom 18.09.2019 hat der Kindesvater auf Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis zur Geltendmachung des Kindesunterhalts angetragen. Er hat die Absicht, die Mutter gerichtlich auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen.
Die Kindesmutter ist dem Antrag entgegengetreten. Nach ihrer Ansicht ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen, der als unabhängiger Dritter die Belange der Kinder vertrete. Der Verfahrensbevollmächtigte des Vaters sei als dessen Interessenvertreter nicht unabhängig.
Mit Beschluss vom 06.12.2019 hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 1628 BGB lägen nicht vor. Bei einem paritätischen Wechselmodell führe die Geltendmachung von Kindesunterhalt regelmäßig zu einem konkreten Interessenkonflikt. Das ergebe sich bereits daraus, dass sich der Unterhaltsbedarf beim Wechselmodell nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern bemesse und auch die Mehrkosten des Wechselmodells umfasse. Die Frage, wie sich die Einkommensverhältnisse der beteiligten Eltern darstellen, könne in einem Sorgerechtsverfahren nicht kindeswohlverträglich aufgeklärt werden. Nur ein Ergänzungspfleger sei in der Lage, die Interessen der Kinder unabhängig und frei von eigenen Interessen wahrzunehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses Bezug genommen.
Gegen den am 16.01.2020 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit einem am 05.02.2020 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Die Entscheidung sei mit der Rechtsprechung des BGH zur Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüchen im Falle eines Wechselmodells nicht vereinbar. Danach stehe jedem Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält, ein Wahlrecht zu: Bestellung eines Ergänzungspflegers oder Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB. Ein konkreter Interessenkonflikt sei vorliegend auch nicht feststellbar. Die Kindesmutter habe im Verfahren nie bestritten, dass sie die höheren Einkünfte erziele und deshalb voraussichtlich barunterhaltspflichtig sei. Schließlich sei die Bestellung eines Ergänzungspflegers auch nicht kindeswohldienlicher, was näher ausgeführt wird.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss mit näheren Darlegungen.
II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Amtsgericht hat zu Unrecht den Antrag des Antragstellers, ihm die alleinige Entscheidungsbefugnis zur Geltendmachung von Kindesunterhalt für die Kinder allein zu übertragen, zurückgewiesen. Anders als das Amtsgericht meint, ist § 1628 BGB im Falle eines echten Wechselmodells anwendbar, um dem ausgleichsberechtigten Elternteil die Möglichkeit zu geben, namens der Kinder Barunterhalt durchzusetzen. Insofern bedarf es nicht stets der Bestellung eines Ergänzungspflegers.
Wenn die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zusteht, kann nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB derjenige Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Diese Regelung findet auch dann Anwendung, wenn sich die Eltern die Betreuung des Kindes teilen, aber ein Elternteil das...