Leitsatz (amtlich)

Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Verfahrenskostenhilfe-Gesuchs ist grundsätzlich der letzte Sach- und Streitstand Entscheidungsgrundlage. Es gibt keinen Anspruch auf Finanzierung einer bereits vor Rechtshängigkeit aussichtslosen Sache durch die Allgemeinheit.

 

Verfahrensgang

AG Prenzlau (Aktenzeichen 7 F 23/20 UE)

 

Tenor

1.1. Die Beschwerde der Antragstellerin vom 15. April 2020, gerichtet gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe im Beschluss des Amtsgerichts Prenzlau vom 17. März 2020, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO entsprechend statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde bleibt ohne Erfolg, sie ist unbegründet.

1. Soweit mit der Beschwerde geltend gemacht wird, dass die angefochtene Entscheidung nicht überzeuge, kann dies angesichts der herrschenden Rechtsprechung bzw. Meinung, der der Senat wie auch bereits das Amtsgericht folgt und mit der sich der Beschwerdeführer nicht einmal im Ansatz auseinandersetzt, nicht nachvollzogen werden.

Grundlage jeder gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz ist der letzte Erkenntnisstand des Gerichts, also der Sach- und Streitstand bei Beschlussfassung. Diese Grundsätze gelten auch im Verfahrenskostenhilfeverfahren. Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist grundsätzlich der letzte Sach- und Streitstand Entscheidungsgrundlage (BGH FamRZ 2012, 964 OLG Dresden MDR 2017, 171; OLG Karlsruhe FamRZ 2016, 1193; OLG Stuttgart FamRZ 2014, 1478).

Anderes mag gelten, wenn zwischen der Entscheidungsreife des Verfahrenskostenhilfe-Gesuchs und der gerichtlichen Entscheidung längere, dem Gericht anzulastende Zeit verstrichen ist. Darauf kommt es aber hier unabhängig davon, dass nicht einmal im Ansatz ein solches Verschulden des Gerichts erforderlich ist, an.

Im vorliegenden Fall ist aber bereits vor der Entscheidungsreife die Erfolgsaussicht entfallen. Entscheidungsreife setzt voraus, dass die weiteren Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten (§ 118 Abs. 1 ZPO) und der Antragsteller auf etwaige Nachfragen oder Erläuterungsauflagen des Gerichts Stellung genommen hat oder eine dazu gesetzte Frist hat verstreichen lassen (BGH FamRZ 2012, 964). Dass bei Erledigung einer Hauptsache in einem vorgeschalteten Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolg versprechender Hauptsache zu versagen ist, entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH FamRZ 2009, 1663) wie auch der Rechtsprechung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (NJ 2017, 114) oder sonstiger Obergerichte (z.B. OLG Köln MDR 2012, 1368). Unerheblich ist dabei, ob isoliert Verfahrenskostenhilfe beantragt oder zugleich ein Antrag eingereicht wurde (Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 127 ZPO Rn. 16).

Vorliegend hat das Amtsgericht - wie aus der Verfügung vom 22. Januar 2020 hervorgeht - zutreffend zunächst ein Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren der Hauptsache vorgeschaltet. Bereits im Stadium des Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahrens hat sich die Hauptsache nach derzeitigem Stand vollständig erledigt, wie sich jedenfalls derzeit - zumal die Antragstellerin dem auch nicht widerspricht - aus dem Inhalt des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 31. Januar 2020 folgt. Eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe scheidet daher erkennbar aus.

2. Eine finanzielle Benachteiligung der Antragstellerin liegt darin (entgegen ihrer entsprechend geäußerten Ansicht) nicht, weil es keinen Anspruch auf Finanzierung einer bereits vor Rechtshängigkeit aussichtslosen Sache durch die Allgemeinheit gibt (vgl. auch Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 127 ZPO Rn. 16: Kein Vertrauenstatbestand). Ebenso wenig geht dies zulasten des von der Antragstellerin beauftragten Rechtsanwalts, dieser hat vielmehr sowohl hinsichtlich seiner Auftraggeberin als auch mittelbar gegenüber der Gegenseite die Möglichkeit, berechtigterweise angefallene Kosten geltend zu machen.

Von daher kann auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung vom 17. März 2020 Bezug genommen werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14062420

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