Entscheidungsstichwort (Thema)
Therapieobliegenheit eines alkoholabhängigen Hartz-IV-Empfängers. Zurückweisung des PKH-Antrages für die Berufung des Unterhaltsschuldners mangels Bedürftigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Alkoholkranke hat sich im Grundsatz einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen, um seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit bestmöglich herzustellen.
2. Die pauschale Behauptung mangelnder Erwerbsfähigkeit kann sich bei Bezug von Arbeitslosengeld II als widersprüchlich darstellen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II).
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; BGB § 1603; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 21 F 202/05) |
Tenor
Der Antrag des Beklagten und Berufungsklägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antrag ist zurückzuweisen, da die Bedürftigkeit des Beklagten nicht ausreichend dargetan ist.
1. Da das Institut der Prozesskostenhilfe, das eine Art Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen in Aussicht stellt, ausschließlich dazu dient, wirtschaftlich Schwachen den Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen, hat die Partei zunächst ihr Vermögen vorrangig zur Finanzierung des Prozesses einzusetzen, soweit ihr dies zumutbar ist (§ 115 Abs. 2 ZPO), bevor die Allgemeinheit mit diesen Kosten belastet werden darf.
Eine vorhandene Lebensversicherung muss einer Verwertung zugeführt werden - sei es im Wege der Beleihung, sei es im Wege der Realisierung des Rückkaufswertes - bevor die Solidarität der Allgemeinheit durch Gewährung von Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen wird (allgemein dazu BVerwG v. 13.5.2004 - 5 C 3/03, NJW 2004, 3647 [3648]; OLG OLG Stuttgart v. 22.1.2003 - 11 WF 5/03, FamRZ 2004, 1651; OLG Köln FamRZ 2004, 382; KG v. 4.2.2003 - 17 WF 19/03, KGReport Berlin 2004, 171 = FamRZ 2003, 1394; AG Pforzheim v. 1.7.2004 - 5 F 162/04, FamRZ 2005, 467 [468]). Daran ändert auch nichts, wenn dieses Kapital - möglicherweise - der Alterssicherung dient, da auch ein solches Kapitalvermögen einzusetzen ist (OLG Brandenburg v. 5.1.2006 - 9 WF 358/05, MDR 2006, 1174 = OLGReport Brandenburg 2006, 256 [257]; OLG Frankfurt v. 27.5.2004 - 2 WF 34/04, FamRZ 2005, 466). Dabei kann sich die Partei auch nicht darauf berufen, dass mit der vorzeitigen Realisierung der Versicherung Verluste verbunden sind. Eine Vermögensbildung zu Lasten der Allgemeinheit ist abzulehnen. Der Einsatz von Vermögenswerten ist auch dann zumutbar, wenn mit der vorzeitigen Kündigung Einbußen verbunden sind (BSG FamRB 2005, 347 für Kapitallebensversicherungen; OLG Celle v. 9.12.2004 - 21 WF 351/04, FamRZ 2005, 992 für Sparguthaben; OLG Brandenburg v. 5.1.2006 - 9 WF 358/05, MDR 2006, 1174 = OLGReport Brandenburg 2006, 256 [257]; i.E. auch OLG Frankfurt v. 27.5.2004 - 2 WF 34/04, FamRZ 2005, 466). Zumindest bedarf es eines - hier fehlenden - eingehenden Vortrages dazu, weshalb im konkreten Fall mit der vorzeitigen Realisierung unzumutbare Kosten verbunden sind oder aus welchen sonstigen Gründen die Fortführung des Versicherung bzw. des Sparvertrages zwingend notwendig ist.
Aus dem durch die Klägerin eingereichten Schreiben vom 23.3.2005 geht hervor, dass der Beklagte eine Lebensversicherung mit der Nummer ... sowie neben der Mutter der Klägerin einen Bausparvertrag mit der Nummer ... führte, auf denen Guthaben zugunsten des Beklagten bestanden.
Hierzu fehlt es trotz erfolgter gerichtlicher Hinweise an jeglichen Angaben seitens des Beklagten, der insb. innerhalb der Erklärung zur Prozesskostenhilfe insoweit keinerlei Angaben getätigt hat.
2. Darüber hinaus dürfte ausweislich des Inhaltes des vorgenannten Schreibens der Klägerin vom 23.3.2005 der Beklagte auch Eigentumsrechte an dem von der Klägerin und ihrer Mutter bewohnten Grundstück ... haben. Auch hierzu fehlt es an jeglichen Angaben seitens des Beklagten.
3. Zuletzt kommt auch möglicherweise die Verwertung des Pkw des Beklagten in Betracht (allgemein dazu OLG Brandenburg OLGReport 2006, 256). Da sich der Beklagte auf Erwerbsunfähigkeit beruft, ist nicht erkennbar, wofür er diesen Pkw benötigt. Dies mag aber angesichts der zuvor dargestellten Umstände dahinstehen.
II. In der Sache selbst wird auf Folgendes hingewiesen:
Soweit der Beklagte sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit beruft und dabei einerseits auf den Bezug von Leistungen nach dem ALG II und andererseits auf mangelnde Erwerbsfähigkeit insb. wegen langjähriger Alkoholsucht hinweist, erscheint dieses Vorbringen nicht geeignet, um die Berufung erfolgreich begründen zu können.
a) Zunächst stellt sich die Frage, ob der Beklagte sich unter Berücksichtigung der zu der Bedürftigkeitsprüfung aufgeführten Vermögenspositionen nicht als tatsächlich leistungsfähig behandeln lassen muss.
Darüber hinaus hat der Beklagte auch nicht ausreichend dazu vorgetragen, inwieweit er Nebeneinkünfte als musikalischer Alleinunterhalter oder aus vergleichbarer Tätigkeit erzielt. Die Klägerin hat ihre dahingehende Behauptung jedenfalls insoweit substantiiert, als der Bekla...