Leitsatz
Eine volljährige Tochter in allgemeiner Schulausbildung nahm ihren Vater auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch, der sich erstinstanzlich erfolglos auf Leistungsunfähigkeit berufen hatte. Gegen seine Verurteilung beabsichtigte er, Berufung einzulegen und beantragte Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens. Sein Antrag wurde mit der Begründung zurückgewiesen, er habe seine Bedürftigkeit nicht ausreichend dargetan.
Der Beklagte bezog Leistungen nach dem ALG II und berief sich auf mangelnde Erwerbsfähigkeit wegen seiner langjährigen Alkoholsucht.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG wies in dem zurückweisenden PKH-Beschluss für das Berufungsverfahren darauf hin, dass das Institut der Prozesskostenhilfe eine Art Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen in Aussicht stelle und ausschließlich dazu diene, wirtschaftlich Schwachen den Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen. Aufgrund dessen habe die Partei zunächst ihr Vermögen vorrangig zur Finanzierung des Prozesses einzusetzen, soweit ihr dies zumutbar sei, bevor die Allgemeinheit mit diesen Kosten belastet werden dürfe.
Vorhandene Vermögenswerte - so auch eine Lebensversicherung - müsse einer Verwertung zugeführt werden. Die Partei könne sich nicht darauf berufen, dass mit der vorzeitigen Realisierung der Versicherung Verluste verbunden seien. Eine Vermögensbildung zu Lasten der Allgemeinheit sei abzulehnen.
In Betracht komme auch eine Verwertung des Pkw des Beklagten, zumal er sich auf Erwerbsunfähigkeit berufe und aufgrund dessen nicht erkennbar sei, wofür er dieses Fahrzeug benötige.
In der Sache selbst hielt das OLG den Vortrag des Beklagten, wonach er einerseits auf den Bezug von Leistungen nach dem ALG II und andererseits auf mangelnde Erwerbsfähigkeit wegen seiner langjährigen Alkoholsucht hinwies, für nicht geeignet, um die Berufung erfolgreich begründen zu können.
Darüber hinaus habe er auch nicht ausreichend dazu vorgetragen, inwieweit er Nebeneinkünfte als musikalischer Alleinunterhalter oder aus vergleichbarer Tätigkeit erziele. Erst auf eine entsprechende Behauptung der Klägerin hin habe er eingeräumt, dass er einen entsprechenden Werbeaufkleber auf seinem Pkw habe, diese Tätigkeit aber nicht mehr ausübe.
Im Übrigen treffe den Beklagten gegenüber der privilegiert volljährigen Tochter eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit, solange er nicht seine tatsächliche Leistungsunfähigkeit substantiiert darlege und beweise. Der bloße Hinweis auf den Bezug von Arbeitslosengeld II genüge dieser Darlegungslast nicht.
Ebenso sei sein Vorbringen hinsichtlich einer eventuellen Erwerbsunfähigkeit widersprüchlich und daher unbeachtlich. Dies gelte einerseits, weil er eine krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit nicht ausreichend dargetan habe, andererseits aber im Hinblick darauf, dass der Bezug der Leistungen des ALG II seine Erwerbsfähigkeit grundsätzlich indiziere.
Im Übrigen habe ein Alkoholkranker sich einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen, um seine Leistungsfähigkeit bestmöglich herzustellen. Komme er dem nicht nach, müsse er sich grundsätzlich auch einen entsprechenden Obliegenheitsverstoß vorhalten lassen. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Alkoholkrankheit bereits soweit fortgeschritten sei, dass es an der hierfür notwendigen Einsichtsfähigkeit fehle. Anhaltspunkte dafür sah das OLG nicht.
Ferner müsse beachtet werden, dass der Beklagte Leistungen nach dem SGB II beziehe. Eine wesentliche Anspruchsvoraussetzung für den Bezug sei die Erwerbsfähigkeit der Bezugsperson. Dies spreche schon indiziell für eine tatsächlich bestehende Erwerbsfähigkeit; insoweit hätte es zumindest eines weitergehenden Vortrages des Beklagten bedurft.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 26.07.2006, 9 UF 69/06