Leitsatz (amtlich)
1. Die Teilnahme an einer Erstausbildung ist iaR. nicht als Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit anzusehen.
2. Zur unterhaltsrechtlichen Zuordnung von durch die Gegenseite behaupteten Einkünften aus Schwarzarbeit.
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 08.11.2011; Aktenzeichen 51 F 58/11) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Cottbus vom 8.11.2011 - Az- 51 F 58/11 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für den Antragsteller, geboren am 10.6.2009,
- rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum von September 2011 bis einschließlich Juli 2012 i.H.v. insgesamt 1.199 EUR, zu zahlen an das Land Brandenburg zu Händen des Jugendamtes der Stadt Cottbus, Unterhaltsvorschusskasse, sowie
- an den Antragsteller zu Händen dessen gesetzlicher Vertreterin beginnend ab August 2012 laufenden monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 109 EUR, fällig jeweils monatlich im Voraus, zu zahlen.
II. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Antragsteller zu 85 % und der Antragsgegner zu 15 %.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.798 EUR.
IV. Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.
V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt, ursprünglich für die Zeit seit dem 10.6.2009, im Beschwerdeverfahren noch für die Zeit seit Mai 2010 und fortlaufend.
Der Antragsgegner ist der Vater des am 10.6.2009 nichtehelich geborenen Antragstellers, der im Haushalt seiner Mutter lebt und seit seiner Geburt Leistungen nach dem UVG bezieht.
Der Antragsteller hat den Antragsgegner unter Vorlage eines Rückübertragungsvertrages vom 23.6.2011 auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von 100 % des Mindestunterhalts seit dem 10.6.2009 in Anspruch genommen.
Der Antragsgegner ist dem Zahlungsverlangen mit dem Einwand der fehlenden Aktivlegitimation, gestützt auf die nach seiner Auffassung bestehende Unwirksamkeit des Rückübertragungsvertrages, ferner mit dem Einwand der Verwirkung und der - mit näherer Darlegung seines schulischen, beruflichen und sonstigen persönlichen Werdeganges untermauerten - Leistungsunfähigkeit entgegen getreten.
Mit Beschluss vom 8.11.2011 hat das AG den Antragsgegner unter Zurückweisung des weiter gehenden Zahlungsantrages zur Zahlung von Kindesunterhalt im Umfang von monatlich 159 EUR für Mai bis Dezember 2010 und von monatlich 109 EUR seit Januar 2011 verpflichtet. Das Familiengericht hat dabei ausgehend von dem unstreitigen Umstand, dass der - ebenfalls seinerzeit unstreitig leistungsunfähige - Antragsgegner eine Ausbildung zum Koch erfolgreich abgeschlossen hat, ein in Brandenburg erzielbares fiktives Erwerbseinkommen aus einer entsprechenden Berufstätigkeit von 1.450 EUR brutto = 1.058,18 EUR netto zugrunde gelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen diese ihm am 16.11.2011 zugestellte Entscheidung hat der Antragsgegner mit einem am 16.12.2011 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 16.1.2012 eingegangenen Schriftsatz begründet. Er erstrebt weiterhin die vollständige Antragsabweisung. Er wiederholt und vertieft hierzu sein Vorbringen aus erster Instanz. Ferner hat er seine Ausführungen zu seinem beruflichen Werdegang - sachlich unwidersprochen - dahin korrigiert, dass er die Ausbildung zum Koch abgebrochen, also nicht erfolgreich abgeschlossen habe.
Der Antragsteller verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung, begehrt allerdings nunmehr Zahlung bis zur Höhe der bis in die Gegenwart bezogenen Leistungen nach dem UVG an das Land Brandenburg, vertreten durch das Jugendamt der Stadt Cottbus, Unterhaltsvorschusskasse. Der Antragsteller hat sein Vorbringen im Termin am 24.5.2012 mit weiteren Ausführungen dahin ergänzt, dass der Antragsgegner eigenen Erklärungen außerhalb dieses Verfahrens zufolge seit Herbst 2011 wegen erheblicher Einkünfte aus Schwarz-arbeit tatsächlich leistungsfähig sei.
Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zu diesen Ausführungen Stellung zu nehmen.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gem. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64, 117 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 520 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
1. Dem Antragsteller steht für die Zeit von Mai 2010 bis einschließlich August 2011 ein Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt aus §§ 1601 ff. BGB nicht zu, weil der - in diesem Zeitraum unstreitig tatsächlich leistungsfähige - Antragsgegner sich in Ansehung des neuen Vorbringens im Beschwerderechtszug auch nicht als jedenfalls teilweise fiktiv leistungsfähig behandeln lassen muss.
a) Der Antragsgegner hat die Darstellung seines beruflichen Werdeganges im Beschwerdeverfahren dahin korrigiert, dass er die Ausbildung zum Koch nicht abgeschloss...