Leitsatz (amtlich)
Die Prüfung der Voraussetzungen des § 331 Nr. 4 Satz 2 FamFG obliegt dem ersuchenden Gericht, dessen Entscheidung nur im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens gegen die vorläufige Unterbringungsmaßnahme, nicht aber im Verfahren des § 159 GVG überprüft werden.
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Aktenzeichen 35 F 128/13) |
AG Neuruppin (Aktenzeichen 53 AR 13/13) |
Tenor
Das AG Neuruppin ist verpflichtet, dem Rechtshilfeersuchen des AG Oranienburg zu entsprechen.
Gründe
Das Brandenburgische OLG ist zur Entscheidung berufen (§§ 2 EGGVG, 13, 159 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GVG).
Das ersuchte AG ist verpflichtet, das Rechtshilfeersuchen zu erledigen.
§ 156 GVG regelt die Rechtshilfe innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit (§ 2 EGGVG). Rechtshilfe in Zivilsachen umfasst bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 13 GVG). Die Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen (§ 1631b BGB) ist nach § 151 Nr. 6 FamFG eine Kindschaftssache und damit eine Familiensache gem. § 111 Nr. 2 FamFG.
Das Ersuchen um Rechtshilfe darf grundsätzlich nicht abgelehnt werden (§ 158 Abs. 1 GVG). Eine Ausnahme sieht das Gesetz nur für den Fall vor, dass die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist (§ 158 Abs. 2 Satz 1 GVG).
Dies trifft auf die hier ersuchte Amtshandlung der Anhörung des Minderjährigen zum Zwecke der Entscheidung über die Fortdauer einer nach § 1631b BGB i.V.m. §§ 331, 332 FamFG genehmigten vorläufigen Unterbringung nicht zu. Gemäß § 331 Satz 2 FamFG kann die Anhörung des Betroffenen im Rahmen einer einstweiligen Unterbringungsmaßnahme - wie hier - auch durch den ersuchten Richter im Wege der Rechtshilfe erfolgen.
Ein Rechtshilfeersuchen darf nur abgelehnt werden, wenn die von dem ersuchten Gericht vorzunehmende Amtshandlung schlechthin unzulässig ist (OLG Köln, NStZ-RR 2013, 57). So liegt der Fall - wie ausgeführt - hier nicht. Ob die Übertragung der Amtshandlung auf ein anderes Gericht zweckmäßig oder notwendig ist, hat das ersuchte Gericht nicht zu prüfen (BGH NJW 1990, 2936). Deshalb kann eine Ablehnung des Rechtshilfeersuchens nicht damit begründet werden, die persönliche Anhörung durch den ersuchenden Richter sei erforderlich, um einen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen zu erlangen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.9.2003 - 20 W 312/03, m.w.N.).
Der Senat teilt zwar die vom AG Neuruppin vertretene Ansicht, dass angesichts der Schwere des in Frage stehenden Eingriffs die persönliche Anhörung des betroffenen Minderjährigen durch das erkennende Gericht grundsätzlich geboten ist. Dies ändert jedoch nichts an der Gesetzeslage, wonach das Vorliegen der Voraussetzungen des § 331 Nr. 4 Satz 2 FamFG nicht dem ersuchten Richter, sondern dem ersuchenden Gericht zugewiesen ist und auch vom OLG nicht im Verfahren nach § 159 GVG, sondern gegebenenfalls nur im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens gegen die vorläufige Unterbringungsmaßnahme überprüft werden kann (vgl. hierzu Zöller/Lückemann, ZPO/GVG, § 158 GVG Rz. 4 mit Rechtsprechungsnachweisen).
Fundstellen
Haufe-Index 6007817 |
FamRZ 2014, 1137 |