Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer:innen wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 27.10.2020 - 23 F 2/20 - abgeändert:
Die Ehegatten F... W..., geboren am ...1986, und N... W..., geboren am ... 1976, beide wohnhaft ...-Straße 58, ...S...,
nehmen aufgrund der §§ 1767 Abs. 1, 1768 Abs. 1, 1770, 1754 Abs. 1 BGB
Frau I... S..., geboren am ...1998, wohnhaft ...-Straße 58, ... S...,
als gemeinschaftliches Kind an.
Die Annahme der Volljährigen hat nicht die Wirkung der Annahme einer Minderjährigen.
Die Anzunehmende führt fortan den Namen W... als Familiennamen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Ihre übrigen Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten selbst.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführer:innen wenden sich gegen die Abweisung ihres Antrags, die Annahme als gemeinschaftliches Kind der Annehmenden auszusprechen.
Die Anzunehmende ist das leibliche Kind der anhörungsberechtigten Frau K... S.... Ihr leiblicher Vater ist nicht bekannt.
Die Annehmenden haben am ... .09.2010 die Ehe geschlossen und führen den Ehenamen W... als Familiennamen. Die Annehmenden sind Eltern des anhörungsberechtigten minderjährigen Kindes N... W..., geboren am ....09.2010. Die Annehmende ist weiter Mutter des anhörungsberechtigten minderjährigen Kindes E... We..., geboren am ... .04.2007. Die Annehmenden leben mit ihren minderjährigen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt, in dem auch die Anzunehmende seit Sommer 2018 ununterbrochen lebt.
Die Anzunehmende ist unverheiratet, nicht verpartnert und hat keine Kinder.
Alle Beteiligten sind deutsche Staatsangehörige.
Die Annehmenden und die Anzunehmende haben die Ausfertigungen der notariellen Urkunden der Notarin A... K... vom 03.02.2020 zur Urkundenrolle Nr. (a...)/2020 und vom 01.04.2020 zur Urkundenrolle Nr. (b...)/2020 vorgelegt, die den Antrag der Annehmenden und der Anzunehmenden beurkundet, die Annahme als Kind ohne die Wirkungen der Annahme einer Minderjährigen auszusprechen.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands verweist, hat das Amtsgericht den Antrag nach persönlicher Anhörung der Beteiligten abgewiesen. Das herzliche Vertrauensverhältnis zwischen den Annehmenden und der Anzunehmenden weise keine Züge auf, die es von dem einer engen Freundschaft zwischen Erwachsenen unterscheide. Angesichts des geringen Altersunterschieds zwischen der Annehmenden und der Anzunehmenden sei die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses nicht zu erwarten.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgen die Beschwerdeführer:innen ihr Adoptionsbegehren uneingeschränkt weiter. Das Amtsgericht habe die Adoptionsvoraussetzungen fehlerhaft verneint. Die Annehmenden und die Anzunehmenden seien zueinander durch ein familiäres Näheverhältnis verbunden. Insbesondere bestehe ein Mutter-Kind-Verhältnis zwischen der Annehmenden und der Anzunehmenden trotz deren Altersunterschied von nur 12 Jahren.
Der Senat hat die Annehmenden, die Anzunehmende und die anhörungsberechtigten minderjährigen Kinder der Annehmenden persönlich angehört. Auf den Vermerk vom 23.04.2021 wird verwiesen.
Die anhörungsberechtigte Mutter der Anzunehmenden hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
II. Die nach den §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.
Der Antrag der Annehmenden und der Anzunehmenden, die Annahme der volljährigen Anzunehmenden auszusprechen (§ 1768 Abs. 1 BGB), ist begründet.
Die Annahme ist sittlich gerechtfertigt (§ 1767 Abs. 1 BGB), da zwischen der Anzunehmenden und den Annehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist.
Ein Eltern-Kind-Verhältnis ist entstanden, wenn zwischen Annehmendem und Anzunehmendem eine dauerhafte seelisch-geistige Bindung im Sinne einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung besteht. Dabei sind alle für und gegen die Annahme einer Eltern-Kind-Beziehung sprechenden Umstände in eine Einzelfallbetrachtung einzubeziehen und gegeneinander abzuwägen (OLG Stuttgart, NJW 2019, 1385). Die für die Entstehung einer Eltern-Kind-Beziehung sprechenden Umstände müssen die dagegen sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Begründete Zweifel gehen zulasten der Betroffenen und führen zur Abweisung des Adoptionsantrags (OLG Nürnberg, FamRZ 2015, 517; Pöcker in BeckOK BGB, Hau/Poseck, 57. Ed. Stand 01.02.2021, § 1767 Rn. 9).
Bei einer Volljährigenadoption kann von einem Eltern-Kind-Verhältnis ausgegangen werden, wenn die Beziehung ein derartiges Maß an innerer Verbundenheit aufweist, dass sie sich klar von einer engen Freundschaft abhebt und in die Nähe einer echten, gelebten Beziehung zwischen Eltern und erwachsenem Kind rückt. Anhaltspunkte dafür sind die Integration in das familiäre Beziehungsgeflecht, ein gewachsenes, gegenseitiges Grundvertrauen, in dem sich die Beteiligten wechselseitig aussprechen oder in die Entscheidungsfindung in wichtigen Angelegenheiten in angemessener Weise einbezie...