Leitsatz (amtlich)
Für einen Vollstreckungsabwehrantrag besteht jedenfalls dann kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, wenn der Gläubiger den Titel bereits herausgegeben hat.
Normenkette
ZPO § 767
Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Aktenzeichen 3 F 557/15) |
Gründe
Die Absicht des Senats, die Beschwerde der Antragstellerin ohne Durchführung einer erneuten mündlichen Verhandlung zurückzuweisen, §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG, gründet sich darauf, dass das Rechtsmittel zwar zulässig, aber offensichtlich unbegründet ist.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Beschwerde allerdings zulässig. Der von ihm erhobene Einwand, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für das Begehren der Antragstellerin, bezieht sich nämlich in der Sache nicht auf das Rechtsmittel selbst, sondern auf den Vollstreckungsabwehrantrag, der schon in erster Instanz gestellt worden ist. Die Zulässigkeit der Beschwerde der Antragstellerin folgt unter dem Gesichtspunkt der maßgeblichen formellen Beschwer (vgl. hierzu Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., vor § 511 Rn. 13) daraus, dass das Amtsgericht ihrem Antrag, die Vollstreckung für unzulässig zu erklären, nicht entsprochen hat.
Die Beschwerde ist aber unbegründet. Die Vollstreckung aus den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 20.1.2015 (Amtsgericht Eisenhüttenstadt 3 F 323/12) für unzulässig zu erklären, kommt nicht mehr in Betracht. Für dieses Begehren besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.
Für einen Vollstreckungsabwehrantrag besteht ein Rechtsschutzbedürfnis so lange, wie der Gläubiger einen Vollstreckungstitel noch in Händen hat. Dies gilt selbst dann, wenn der Gläubiger auf seine Rechte aus dem Titel verzichtet hat oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt (BGH, NJW 2017, 674 Rn. 7, 11; Beschluss vom 15.12.2011 - IX ZR 230/09, BeckRS 2012, 00067, Rn. 2; NJW 1992, 2148). Nur wenn der Schuldner in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise auf Dauer vor einer - uneingeschränkten - Vollstreckung aus dem Titel geschützt ist, entfällt das Rechtschutzinteresse. Dieser Schutz ist schon dann gewährleistet, wenn der Gläubiger den Titel hinterlegt und ausdrücklich den Verzicht auf Rückgabe der Urkunde erklärt, weil er dann keine weitere Ausfertigung der Urkunde gemäß § 733 ZPO erwirken könnte; in einem solchen Fall besteht nur noch ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag des Schuldners auf Herausgabe des Titels (vgl. BGH, NJW 1994, 1161, 1162). Erst recht fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für einen Vollstreckungsabwehrantrag, wenn der Gläubiger den Titel bereits an den Schuldner herausgegeben hat (BGH, NJW 1984, 2826, 2827; OLG Rostock, NJOZ 2007, 1727, 1729, Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 14. Aufl., § 767 Rn. 18; Preuß in: Vorwerk/Wolf, Beck'scher Online-Kommentar ZPO, 24. Edition, § 767 Rn. 32; Schmidt/Brinkmann, in: MünchKomm zur ZPO, 5. Aufl., § 767 Rn. 43; Zöller/Herget, a.a.O., § 767 Rn. 8). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für das Begehren der Antragstellerin jedenfalls in zweiter Instanz nicht mehr.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, die vollstreckbaren Ausfertigungen der Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 20.1.2015 herauszugeben. Dem ist der Antragsgegner, wie er in der Beschwerdeerwiderung vom 27.1.2017 (Bl. 141 f) unwidersprochen vorgetragen hat, sogleich nachgekommen, indem er mit Schriftsatz vom 20.10.2016 die vollstreckbaren Ausfertigungen der Beschlüsse dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin übersandt hat. Dies geschah mithin noch deutlich vor Einlegung der Beschwerde unter dem 16.11.2016. Damit ist das Rechtsschutzbedürfnis für den Vollstreckungsabwehrantrag entfallen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme, gegebenenfalls zur Rücknahme der Beschwerde, binnen zwei Wochen.
Fundstellen
Haufe-Index 11531053 |
FuR 2018, 306 |