Entscheidungsstichwort (Thema)
Sorgerechtsentzug bei Umgangsverhinderung. Elterliche Sorge: Sorgerechtsübertragung auf den Kindesvater wegen fehlender Bindungstoleranz der Kindesmutter
Leitsatz (amtlich)
Elterliche Sorge: Sorgerechtsübertragung auf einen Kindesvater wegen fehlender Bindungstoleranz der Kindesmutter.
Leitsatz (redaktionell)
Bringt eine Kindesmutter keinerlei Bindungstoleranz in Bezug auf das Vater-Kind-Verhältnis auf, kann dies das entscheidende Defizit in Bezug auf ihre Beziehungsfähigkeit darstellen, das sie letztlich als Erziehungsberechtigte disqualifiziert.
Normenkette
BGB § 1680 Abs. 2 S. 2, Abs. 3; GG Art. 6 Abs. 2; BGB §§ 1626a, 1666, 1671 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Potsdam (Beschluss vom 20.06.2008; Aktenzeichen 42 F 324/06) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Potsdam vom 20.6.2008 - 42 F 324/06 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihr für das Kind C. Sch ..., geb. am ... 2001, das Sorgerecht zur Gänze entzogen wird. Es wird von Amts wegen auf den Vater übertragen.
II. Auf die Anschlussbeschwerde des Vaters wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Potsdam vom 20.6.2008 - 42 F 324/06, soweit er das Sorgerecht für das Kind V. Sch., geb. am ... 1998, betrifft, abgeändert und wie folgt neu gefasst:.
Auf den Antrag des Vaters wird die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind V. Sch. aufgehoben. Das alleinige Sorgerecht wird auf den Vater übertragen
Soweit die Anschlussbeschwerde das Sorgerecht für das Kind C. Sch. betrifft, wird sie als unzulässig verworfen.
III. Die Kostenentscheidung des AG wird aufrechterhalten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Vaters werden der Mutter auferlegt.
Gründe
I. Aus der Beziehung der nicht miteinander verheirateten Eltern sind die Söhne V., 11 Jahre alt, und C., 8 Jahre alt, hervorgegangen. Für V. besteht gem. § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB gemeinsames Sorgerecht, für C. ist die Mutter gem. § 1626a Abs. 2 BGB allein sorgeberechtigt. Im Dezember 2004 trennten sich die Eltern; die Kinder verblieben bei der Mutter.
Seit der Trennung, also seit nunmehr gut viereinhalb Jahren, streiten die Eltern um den Umgang des Vaters mit den Kindern. Dies führte im April 2005 zur Einleitung eines ersten Umgangsrechtsverfahrens seitens des Vaters - 42 F 139/05 AG Potsdam, das im Mai 2005 mit einer durch das Jugendamt vermittelten außergerichtlichen Umgangsvereinbarung der Eltern endete. Die Eltern legten seinerzeit einen recht unbestimmten Rahmen fest und vereinbarten im Übrigen, den Umgang "flexibel" zu handhaben.
Diese auf den guten Willen der Eltern setzende Vereinbarung bewährte sich in der Praxis nicht. Deshalb sah sich der Vater im November 2005 veranlasst, erneut ein Umgangsrechtsverfahren in Gang zu setzen - 42 F 359/05 AG Potsdam -. Er beklagte vor allem, dass die Mutter den Umgang - so seine Begründung - nur sozusagen "nach Gutsherrenart" gewähre und von "Wohlverhaltensbedingungen" abhängig mache; deshalb wünsche er sich einen festen zeitlichen Rahmen. In diesem zweiten Verfahren erließ das AG am 12.12.2005 eine einstweilige Anordnung, durch die es den Umgang vorläufig verbindlich regelte, an die sich die Mutter indes unter Berufung auf die "Wünsche" der damals 7 bzw. 4 Jahre alten Kinder nur unvollkommen hielt. Im Hauptsacheverfahren kam es sodann am 29.5.2006 zu einer gerichtlichen Umgangsvereinbarung, die sich das AG zu eigen machte. In dieser Zeit hat nach dem Sachvortrag der Eltern einigermaßen regelmäßig Umgang stattgefunden, allerdings ohne Übernachtungen von V. beim Vater, weil V. diese ablehnte; der Vater respektierte das und brachte ihn zum Übernachten jeweils zur Mutter zurück. V. begründete seine Weigerung, beim Vater zu übernachten, mit einer Ohrfeige, die ihm der Vater im August 2004, zu einer Zeit also, als die Eltern noch nicht getrennt lebten, gegeben hatte.
Zum Abbruch der Umgänge mit beiden Kindern kam es im Juli 2006. Vom 17.07. bis zum 23.7.2006 sollte vereinbarungsgemäß ein Urlaubsumgang stattfinden. Den 17.7.2006 verbrachte der Vater mit den Jungen im Schwimmbad. Am Abend brachte er V. zum Übernachten zur Mutter; C. schlief bei ihm. Am nächsten Tag begann eine Dreitagesreise zum Heidepark Soltau, die - so der Vater - sehr harmonisch verlief. Nach der Rückkehr am 20.7.2006 brachte der Vater V. zum Übernachten zur Mutter, und man verabredete sich für den nächsten Morgen. Als der Vater und C. V. am 21.7.2006 abholen wollten, eskalierte die Situation; die Mutter gab V. nicht heraus, schickte C. ins Haus und sagte alle weiteren Unternehmungen ab.
Seitdem hat (abgesehen von den durch den Senat mit dem Ziel, zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen, initiierten therapeutisch begleiteten Umgängen im Anschluss an den Senatstermin vom 5.3.2009) mit V. praktisch kein Umgang mehr und mit C. insgesamt nur wenige Stunden begleiteter Umgang stattgefunden. Die Grundpositionen der Eltern sind verhärtet:
- Die Mutter behauptet - und auch bei V. hat sich dies als E...