Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtliches Gehör
Leitsatz (amtlich)
Stellt der Betroffene nach Antrag auf Terminverlegung wegen Krankheit einen Antrag auf Entbindung von der Pflicht zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung gem. 73 Abs. 2 OWiG überholt sich der Antrag auf Terminverlegung (Fall der Erledigung), so dass das Bußgeldgericht nur noch über den Antrag auf Entbindung von der Anwesenheitspflicht zu entscheiden und ggf. ohne den Betroffenen die Hauptverhandlung durchzuführen hat.
Normenkette
OWiG § 73 Abs. 2, § 74 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Entscheidung vom 29.07.2014; Aktenzeichen 82.2 OWi 143/14) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Neuruppin vom 29. Juli 2014 wird als unbegründet verworfen.
Der Betroffene trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die ihm darin entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I.
Die zentrale Bußgeldstelle des Zentraldienstes der Polizei des Landes Brandenburg hat mit Bußgeldbescheid vom 10. Januar 2014 gegen den ganz erheblich straßenverkehrsrechtlich vorbelasteten und allein im Jahr 2013 dreimal wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen vorgeahndeten Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 34 Km/h eine Geldbuße in Höhe von 235,00 € festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat unter Einräumung der Gestaltungsmöglichkeit nach § 25 Abs. 2a StVG angeordnet.
Nach form- und fristgerecht eingelegtem Einspruch hat das Amtsgericht Neuruppin, nachdem der Hauptverhandlungstermin bereits zweimal wegen Erkrankung des Verteidigers bzw. beruflicher Verhinderung des Betroffenen verschoben worden war, mit Verfügung vom 20. Juni 2014 Termin zur Hauptverhandlung auf den 29. Juli 2014 anberaumt, zu dem sowohl der Verteidiger als auch der Betroffene selbst am 26. Juni 2014 bzw. 25. Juni 2014 förmlich geladen wurden.
Am Tag vor der Hauptverhandlung, am 28. Juli 2014 um 15:06 Uhr, beantragte der mit einer schriftlichen Vollmacht versehene Verteidiger des Betroffenen per Telefax, den Hautverhandlungstermin zu verschieben, da der Betroffene an einem "akuten Infekt" erkrankt sei und reichte hierzu eine ärztliche Bescheinigung um 17:16 Uhr per Telefax nach. Mit Telefax vom 28. Juli 2014 um 17:22 Uhr beantragte der Verteidiger des Betroffenen nunmehr: "[...] den Betroffenen von seiner Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden (§ 73 Abs. 2 OWiG). Der Betroffene erklärt, dass er der verantwortliche Fahrzeugführer zur Tatzeit war. Im Übrigen wird er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern".
Mit Beschluss vom 29. Juli 2014 hat der Bußgeldrichter den Betroffenen antragsgemäß gem. § 73 Abs. 2 OWiG von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden.
Im Hauptverhandlungstermin, zu dem weder der Betroffene noch sein Verteidiger erschienen waren, hat das Amtsgericht Neuruppin den Betroffenen nach durchgeführter Beweisaufnahme wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 250,00 € verurteilt und auf ein Fahrverbot von einem Monat erkannt. Das Tatgericht hat festgestellt, dass der Betroffene am 5. August 2013 um 14:12 Uhr als Führer des Mercedes-Benz, amtliches Kennzeichen ..., die Bundesautobahn ... in Höhe km ..., Fahrtrichtung ..., trotz eines voraufgegangenen so genannten Geschwindigkeitstrichters mit mindesten 134 km/h (nach Toleranzabzug) befahren und damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 34 km/h überschritten habe.
Gegen das dem Verteidiger am 1. August 2014 förmlich zugestellte Urteil hat der Betroffene mit bei Gericht am 3. August 2014 angebrachten Anwaltsschriftsatz Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit weiterem Anwaltsschriftsatz vom 8. September 2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, begründet. Der Betroffene rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs und die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Stellungnahme vom 30. September 2014 beantragt, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthaft und entsprechend den §§ 79 Abs. 3 OWiG, §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht worden.
2. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg, es erweist sich als unbegründet.
a) Als einzige Verfahrensrüge hat der Betroffene die Verletzung rechtlichen Gehörs beanstandet.
aa) Die von dem Betroffenen erhobene Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs entspricht noch den an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO iVm. § 79 Abs. 3 OWiG zu stellenden Anforderungen und ist zulässig. Der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist darin beizupflichten, dass der Rechtsbeschwerdeführer gem. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht nur die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen vollständig darlegen muss, sondern auch die Tatsachen, die der erhobenen Verfahrensrüge wied...