Entscheidungsstichwort (Thema)
Haushaltssache: kein Anspruch auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II
Leitsatz (amtlich)
1. Der Herausgabeanspruch des getrennt lebenden Ehegatten aus § 1361a BGB sichert eine Benutzungsregelung (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Dürbeck, 7. Aufl. 2020, BGB § 1361a Rn. 23) für diejenigen Haushaltsgegenstände, auf deren Weiterbenutzung der getrennt lebende Ehegatte zur Führung eines angemessenen abgesonderten Haushalts angewiesen ist (Bedürftigkeit als Voraussetzung, vgl. BGB-RGRK/Wenz Rn. 23), und zwar nur für den Eigengebrauch (vgl. Staudinger/Voppel (2018) BGB § 1361a, Rn. 27; MüKoBGB/Weber-Monecke, 8. Aufl. 2019 Rn. 11, BGB § 1361a Rn. 11), wobei die Eigentumsverhältnisse im Zweifel unverändert bleiben (§ 1361a Abs. 4 BGB).
Verfahrensgang
AG Schwedt (Aktenzeichen 4 F 153/19) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Antrag der Antragstellerin in Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts Schwedt (Oder) vom 12.06.2020 vollständig abgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 2.000 EUR
2. Der Antragstellerin wird Verfahrenskostenhilfe zur Abwehr der Beschwerde des Antragsgegners bewilligt, unter Beiordnung von Rechtsanwältin ..., Angermünde.
Gründe
1. Der beschwerdeführende Antragsgegner wendet sich in einem Verfahren über die Verteilung von Haushaltsgegenständen bei Getrenntleben gegen seine Verpflichtung, der Antragstellerin einen Kraftfahrzeugbrief für einen VW-Bus herauszugeben.
Die Antragsbeteiligten sind getrennt lebende Ehegatten und haben erstinstanzlich zuletzt noch über die Gebrauchsüberlassung eines KFZ-Briefes und einer Motorsäge gestritten.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht, soweit in der Beschwerde noch von Interesse, den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin einen Kraftfahrzeugbrief herauszugeben, da sie Eigentümerin und Besitzerin des briefgegenständlichen Kraftfahrzeugs sei.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, die Nutzung des Fahrzeugs sei der Antragstellerin auch ohne KFZ-Brief, also ohne die Zulassungsbescheinigung Teil II möglich, die ihrerseits einer vorläufigen Benutzung ohnehin nicht zugänglich sei.
Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt vor, die endgültige Zuweisung des Fahrzeugs mit Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II sei als Folgesache im Ehescheidungsverfahren anhängig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt (109r), gemäß § 68 Abs. 3 S 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung, von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.
2. Die nach §§ 58ff FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.
Der Herausgabeanspruch des getrennt lebenden Ehegatten aus § 1361a BGB sichert eine Benutzungsregelung (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Dürbeck, 7. Aufl. 2020, BGB § 1361a Rn. 23) für diejenigen Haushaltsgegenstände, auf deren Weiterbenutzung der getrennt lebende Ehegatte zur Führung eines angemessenen abgesonderten Haushalts angewiesen ist (Bedürftigkeit als Voraussetzung, vgl BGB-RGRK/Wenz Rn. 23), und zwar nur für den Eigengebrauch (vgl. Staudinger/Voppel (2018) BGB § 1361a, Rn. 27; MüKoBGB/Weber-Monecke, 8. Aufl. 2019 Rn. 11, BGB § 1361a Rn. 11), wobei die Eigentumsverhältnisse im Zweifel unverändert bleiben (§ 1361a Abs. 4 BGB).
Ein Herausgabeanspruch der Antragstellerin zur Sicherung einer Benutzung eines Haushaltsgegenstandes besteht danach in Ansehung der Zulassungsbescheinigung Teil II nicht. Die Antragstellerin ist insoweit nicht bedürftig. Zur Nutzung eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr ist lediglich die Mitführung der Zulassungsbescheinigung Teil I (früher: KFZ-Schein) erforderlich (vgl. § 11 Abs. 6 FZV), nicht hingegen der Besitz der Zulassungsbescheinigung Teil II (früher: KFZ-Brief). Die Antragstellerin hat weder vorgebracht, dessen ungeachtet zum Eigengebrauch des in ihrem Besitz befindlichen Kraftfahrzeugs auf die zugehörige Zulassungsbescheinigung Teil II angewiesen zu sein, noch ausgeführt, aus welchem sonstigen Grund sie auf eine Benutzung der Zulassungsbescheinigung Teil II für einen angemessenen abgesonderten Haushalt angewiesen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 S 1 FamFG, die Wertfestsetzung auf den §§ 55 Abs. 2, 48 Abs. 2 FamGKG.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), besteht nicht.
Verfügung
1. Beschluss vom 27.10.2020 hinausgeben an:
Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdegegnerin ... zustellen
Verfahrensbevollmächtigter des Beschwerdeführers ... zustellen
2. Wiedervorlage 2 Wochen
Fundstellen
Haufe-Index 14225311 |
FuR 2021, 219 |
NJW-RR 2021, 261 |
FF 2021, 38 |
NJW-Spezial 2021, 37 |
NZFam 2021, 96 |