Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenspfleger eines Minderjährigen - Erstattungsfähige Kosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Erstattungsfähigkeit von Kosten, die der Wahrnehmung von Hausbesuchen durch den Verfahrenspfleger dienten.

 

Normenkette

FGG § 50 Abs. 5, § 67 Abs. 3; BGB §§ 1835, 1836a, 1908i

 

Verfahrensgang

AG Neuruppin (Beschluss vom 23.01.2008; Aktenzeichen 53 F 185/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des AG Neuruppin unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Übrigen dahin gehend abgeändert, dass die der Verfahrenspflegerin aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung nebst Aufwendungsersatz auf 240,11 EUR festgesetzt wird.

Die Gerichtsgebühren des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 3. ausgehend von einem Gegenstandswert von 447,54 EUR zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 Satz 3, 56g Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 FGG zulässige sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3. wurde form- und fristgerecht eingelegt. Der Beschwerdewert übersteigt 150 EUR, sodass die sofortige Beschwerde zulässig ist. Sie hat in den Sache jedoch nur eingeschränkt Erfolg. Der Beteiligten zu 3. steht eine Vergütung nur für 335 Minuten zu je 33,50 EUR in der Stunde (= 222,58 EUR) zuzüglich 19 % Umsatzsteuer (= 17,53 EUR), Aufwendungsersatz i.H.v. 0,78 EUR für Telefonate und 1,65 EUR für Porti sowie 12,30 EUR für 41 km Fahrtkosten zuzüglich Umsatzsteuer (2,80 EUR), insgesamt 17,53 EUR zu.

Dem Verfahrenspfleger steht nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, 1908i Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen entsprechend § 1835 Abs. 1 und 4 BGB und eine Vergütung entsprechend § 1836a BGB, 1 BVormVG zu. Dieser Ersatzanspruch bezieht sich jedoch nur auf diejenigen Zeiten und Aufwendungen, die Tätigkeiten betreffen, welche der Erfüllung der vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Aufgaben dienen. Vergütet wird zudem nur der für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Zeitaufwand; insoweit ist der geltend gemachte (Zeit-)Aufwand einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen.

Der nach § 50 Abs. 1 FGG bestellte Verfahrenspfleger hat die Interessen des minderjährigen Kindes in das Verfahren einzubringen und den Willen des Kindes zu erkennen und zu formulieren. Dabei gehört es - neben der Kenntnisnahme von dem Inhalt der Gerichtsakten und der Teilnahme an den Anhörungsterminen - zu den Aufgaben des Verfahrenspflegers, sich intensiv mit dem Kind zu befassen, um dessen Willen zu erkennen und auch kindliche Pauschalurteile möglicherweise hinterfragen zu können.

Nach § 50 Abs. 1 FGG hat das Gericht dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren zu bestellen, sobald dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Dies lässt erkennen, dass der Verfahrenspfleger für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle des gesetzlichen Vertreters des Kindes tritt und an dessen Stelle die Kindesinteressen in das Verfahren einzubringen hat. Der Verfahrenspfleger hat also nur das eigene Interesse des Kindes zu erkennen und zu formulieren (BVerfG FamRZ 1999, 85 [87]; BVerfG FPR 2004, 622 [624]; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 391; OLG Brandenburg FamRZ 2006, 1777). Der Verfahrenspfleger hat auch darauf hinzuwirken, dass das Verfahren - soweit dies möglich ist - kindgerecht gestaltet wird und hat dem Kind in dem Verfahren bei Bedarf zur Seite zu stehen. All dies charakterisiert den Verfahrenspfleger als subjektiven Interessenvertreter des Kindes; seine Aufgabenstellung in dem Verfahren ist derjenigen eines Rechtsanwaltes als Verfahrensbevollmächtigten vergleichbar. Es ist dagegen nicht seine Aufgabe, als "reiner Parteivertreter" sich an der Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung zu beteiligen; insb. hat er keine über die bloße Ermittlung des Kindeswillens hinausgehenden Ermittlungen anzustellen.

Welche Tätigkeit eines Verfahrenspflegers im Rahmen seiner Amtsführung im Einzelnen als erforderlich anzusehen ist, bestimmt sich anhand der gesetzlichen Vorgaben nach einem objektiven Maßstab. Hierfür reicht es nicht aus, dass der Verfahrenspfleger allein aus subjektiver Sicht bestimmte eigene Maßnahmen für geboten hält. Vergütungs- und ersatzpflichtig sind vielmehr nur Tätigkeiten, die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgabe notwendig waren (OLG Naumburg, OLGR 2004, 78). Für die nähere Bestimmung des vergütungsfähigen Zeitaufwandes darf zunächst nicht außer Acht gelassen werden, dass der "Anwalt des Kindes" lediglich als eigene Interessenvertretung der Kinder im Verfahren eingeführt worden ist. Auf diese Weise sollen sie sich im Falle eines Konflikts mit den Elterninteressen als Rechtssubjekte am Verfahren mittels eines allein ihrem Interesse verpflichteten Vertreters rechtliches Gehör verschaffen können. Damit die gerichtliche Entscheidung nicht über den Kopf der Kinder hinweg erfolgt, ist der Verfahrenspfleger als "Sprachrohr" der Kinder verpflich...

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