Leitsatz (amtlich)
Sind mehrere Geschäftsführer einer GmbH mit der Maßgabe bestellt, dass sie jeweils "stets zur Einzelvertretung der Gesellschaft befugt" sind, so ist die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer im Handelsregister zutreffend mit "der Befugnis, die Gesellschaft allein zu vertreten", eingetragen (Abweichung von OLG Zweibrücken v. 12.10.1992 - 3 W 134/92, MDR 1993, 328 = GmbHR 1993, 97 = DB 1992, 2337; OLG Naumburg v. 30.9.1993 - 5 W 1/93, DB 1993, 2277).
Normenkette
BGB § 164; AktG § 78 Abs. 3 S. 1; GenG § 25 Abs. 1 S. 1; FGG § 28 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 16.03.2006; Aktenzeichen 32 T 17/05) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/O. vom 16.3.2006 wird dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I. Die Antragstellerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 1.8.2005 gegründet. Die Vertretungsregelung in § 5 der Satzung hat folgenden Wortlaut:
"1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer.
2. Hat die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.
3. Die Gesellschafterversammlung kann allen oder einzelnen Geschäftsführern die Befugnis zur Einzelvertretung der Gesellschaft erteilen und Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien."
Die Gründungsgesellschafterversammlung bestellte H.H. und S.P. zu Geschäftsführern, die beide jeweils "stets zur Einzelvertretung der Gesellschaft befugt" sein sollten.
Die Antragstellerin wurde am 22.9.2005 in das - elektronische - Handelsregister des AG Frankfurt/O. eingetragen. Die Eintragung der beiden Geschäftsführer ist jeweils mit dem Zusatz "mit der Befugnis die Gesellschaft allein zu vertreten" versehen.
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 1.11.2005 Beschwerde mit dem Ziel erhoben, die Vertretungsregelung im Handelsregister entsprechend dem Gesellschafterbeschluss dahin-gehend neu einzutragen, dass die Gesellschafter jeweils zur Einzelvertretung befugt seien.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, das LG hat das Rechtsmittel durch Beschl. v. 16.3.2006 zurückgewiesen. Gegen die Beschwerdeentscheidung des LG wendet sich die Antragstellerin mit der weiteren Beschwerde, die sie allerdings nicht näher begründet hat.
II. Die weitere Beschwerde ist an sich statthaft (§ 27 Abs. 1 FGG) und auch sonst zulässig, namentlich in der rechten Form eingelegt, weil die Antragstellerin von dem Notar vertreten wird, der für sie den Antrag bei dem Gericht erster Instanz gestellt hat (§ 29 Abs. 1 S. 3 FGG).
Der Senat teilt die Auffassung der Vorinstanz und möchte deshalb die weitere Beschwerde zurückweisen. Er sieht sich jedoch hieran durch die Entscheidungen des OLG Zweibrücken vom 12.10.1992 (OLG Zweibrücken v. 12.10.1992 - 3 W 134/92, MDR 1993, 328 = GmbHR 1993, 97 = DB 1992, 2337) und des OLG Naumburg vom 30.9.1993 (OLG Naumburg v. 30.9.1993 - 5 W 1/93, DB 1993, 2277) gehindert, von denen er in diesem Fall abweichen würde. Die Sache ist deshalb gem. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH zur Entscheidung vorzulegen.
1. Das LG hat die Ansicht vertreten, die Bezeichnung "Alleinvertretung" im Falle der Bestellung mehrerer Geschäftsführer sei ohne Weiteres im Sinne einer Einzelvertretungsbefugnis zu verstehen und bedeute nicht zwingend den Ausschluss der übrigen Geschäftsführer von der Geschäftsführung bzw. von der Vertretung.
Zur Begründung der Richtigkeit seiner Ansicht hat das LG darauf verwiesen, dass das Gesetz im Bereich der Handelsgesellschaften die "Alleinvertretung" mit der "Einzelvertretung" gleichsetze. Gemäß den vom LG angeführten Vorschriften des § 78 Abs. 3 S. 1 AktG und des § 25 Abs. 1 S. 1 GenG kann die Satzung bestimmen, dass einzelne Vorstandsmitglieder allein zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Eine entsprechende Terminologie liegt der Publizitätsrichtlinie der EU (Richtlinie 68/151 EWG - abgedruckt in MünchKomm/HGB, 2. Aufl., Anhang I zu § 8 HGB) zugrunde. Die Richtlinie schreibt in Art. 2 Abs. 1 lit. d) S. 2 bei Handelsgesellschaften, nämlich bei der AG, der KGaG und der GmbH vor, dass offen zu legen sei, ob die vertretungsberechtigten Personen die Gesellschaft allein oder nur gemeinschaftlich vertreten können. Das LG hat in diesem Zusammenhang zu recht darauf hingewiesen, dass das Aktienrecht, das diese Begriffe übernommen hat, bei Gesetzeslücken analog auf das Recht der GmbH angewendet werde.
2. Demgegenüber wird in dem Beschluss des OLG Zweibrücken vom 12.10.1992 die Befürchtung geäußert, die Bezeichnung "Alleinvertretungsbefugnis" lege nahe, dass der Geschäftsführer, dem die Alleinvertretungbefugnis erteilt sei, die Gesellschaft alleine, nämlich als einziger Geschäftsführer, vertreten dürfe; die Formulierung "Befugnis zur alleinigen Vertretung" sei dem Wortsinne nach dahin zu verstehen, dass damit das Recht ...