Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung eines PKH-Antrags nach § 1598a BGB trotz Ablehnung der Mitwirkung an der Abstammungsuntersuchung durch die Mutter
Leitsatz (redaktionell)
§ 1598a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass eine Verpflichtung der Kindesmutter zur Einwilligung bzw. zur Duldung einer Probe erst dann besteht, wenn nach Untersuchung genetischer Proben von Vater und Kind im Einzelfall tatsächlich noch eine erhebliche Unsicherheit besteht, also zur Klärung der Abstammung notwendig eine genetische Probe der Mutter entnommen und untersucht werden muss, weil eine hinreichend sichere Klärung im Ergebnis allein aufgrund der Untersuchung genetischer Proben des Klägers und des Kindes nicht möglich war.
Normenkette
BGB § 1598a Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Lübben (Beschluss vom 10.09.2008; Aktenzeichen 30 F 215/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des AG Lübben vom 10.9.2008 - Az. 30 F 215/08 - abgeändert und der Beklagten ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... zu den Bedingungen eines im Bezirk des AG Lübben ansässigen Rechtsanwalts bewilligt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die am 15.9.2008 eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den ihr am selben Tage zugestellten Beschluss des AG Lübben vom 10.9.2009 ist nach § 127 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
Der Senat teilt nicht die Auffassung des AG, dass dem Verteidigungsvorbringen der Beklagten in dem gegen sie gerichteten Verfahren nach § 1598a BGB die nach § 114 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten nicht beigemessen werden könnten.
1. Soweit die Klage auf Ersetzung der Einwilligung in die genetische Abstammungsuntersuchung und Duldung der Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe des Kindes M. S., geboren am ... August 1998, gerichtet ist, bestehen hinreichende Erfolgsaussichten für die Rechtsverteidigung schon deshalb, weil die entsprechende Einwilligung zwischenzeitlich erklärt worden ist und deshalb für eine Ersetzung derselben und Titulierung einer entsprechenden Duldungspflicht durch das Gericht kein Anlass bzw. kein Rechtsschutzbedürfnis (mehr) besteht. Aus dem Schriftsatz vom 5.8.2008 geht unzweifelhaft hervor, dass die Einwilligung - mindestens auch - außergerichtlich erklärt worden ist. Tatsächlich ist die Beklagte im gerichtlichen Verfahren nach § 1598a BGB gem. § 1629 Abs. 2a BGB an der Vertretung des Kindes gehindert und - in Bezug auf den gegen das Kind gerichteten Anspruch - aus Rechtsgründen nicht in der Lage, innerhalb des gerichtlichen Verfahrens Erklärungen materiell-rechtlicher oder prozessualer Art für das Kind abzugeben. Vielmehr wäre hier ein Ergänzungspfleger zu bestellen.
Sollte der Klageantrag allerdings dahin zu verstehen sein, dass gar nicht auf die Ersetzung der Einwilligung des Kindes, sondern - in Bezug auf das Kind - nur darauf gerichtet war, dass die Beklagte die Probenentnahme bei dem Kind zu dulden habe, könnten auch insoweit hinreichende Erfolgsaussichten nicht verneint werden. Ohne die jedenfalls bei Klageerhebung unbestritten fehlende rechtsverbindliche Einwilligung in die Probeentnahme bei dem Kind kann eine Duldungspflicht nicht angenommen werden.
Da allerdings die Vertretungsbeschränkung des § 1629 Abs. 2a BGB auf das gerichtliche Verfahren beschränkt ist, sind die Eltern nicht gehindert, sich außerhalb des gerichtlichen Verfahrens über die Teilnahme des Kindes an einer Begutachtung zu einigen. Der Durchführung einer Abstammungsuntersuchung sowohl des Klägers als auch des Kindes steht danach bereits jetzt nichts mehr entgegen.
2. Hinreichende Erfolgsaussichten für die Rechtsverteidigung erachtet der Senat allerdings - jedenfalls derzeit - auch für gegeben, soweit die Beklagte die ihre Person betreffende Einwilligung in die Mitwirkung an der genetischen Abstammungsuntersuchung und Duldung der Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe ablehnt.
Das AG führt zu Recht aus, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Klärung der Vaterschaft (BGBl. I 2008, 441) - insoweit den Vorgaben aus dem Urteil des BVerfG v. 13.2.2007 - 1 BvR 421/05 (abgedruckt u.a. in FamRZ 2007, 441), folgend - ein ebenso voraussetzungs- wie rechtsfolgenloses Abstammungsfeststellungsverfahren geschaffen hat, mit dem - unabhängig vom Anfechtungsverfahren und von einer sachlich-inhaltlichen Begründung hierfür, insbesondere etwa einem Anfangsverdacht - die Abstammung eines Kindes geklärt werden kann. Nach dem Gesetzeswortlaut gibt es - abgesehen von dem (Ausnahme-)Fall des § 1598a Abs. 3 BGB, dessen Voraussetzungen im Streitfall weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind - im Hinblick auf die Einwilligung keinen Entscheidungsspielraum für die Betroffenen.
Auch aus der Formulierung, dass die Betroffenen "die Entnahme einer für...