Leitsatz (amtlich)

1. § 183 FamFG Vorschrift gilt nicht für Anträge, die auf Feststellung der Vaterschaft gerichtet sind.

2. Ermessensentscheidungen sind in der Beschwerdeinstanz nur eingeschränkt überprüfbar.

3. In Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft ist es im Allgemeinen ermessensgerecht, die Gerichtskosten den Kindeseltern jeweils hälftig aufzuerlegen und von einer Erstattung außergerichtlichen Kosten abzusehen.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 15.03.2012; Aktenzeichen 32 F 141/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.

3. Der Beschwerdewert beträgt bis zu 900 EUR.

 

Gründe

Die Beschwerde der beteiligten Kindesmutter ist gem. § 458 ff. FamFG zulässig, insbesondere ist unter Beachtung des eingeholten Sachverständigengutachtens der Beschwerdewert (§ 61 Abs. 1 FamFG) überschritten. In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg, sie ist unbegründet. Das AG hat zutreffend die gerichtliche Kostenlast den beteiligten Kindeseltern anteilig (je zur Hälfte) auferlegt.

1. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Senat die amtsgerichtliche Entscheidung nur eingeschränkt überprüfen darf. Da § 183 FamFG hier nicht einschlägig ist - diese Vorschrift gilt nicht für Anträge, die auf Feststellung der Vaterschaft gerichtet sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.4.2012 - 17 WF 40/12), richtet sich die Kostenentscheidung nach den allgemeinen Regeln der § 480 ff. FamFG und daher hier insbesondere nach § 81 FamFG. In diesem Fall ist zu beachten, dass die Auferlegung der Kosten nach billigem Ermessen zu erfolgen hat, § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Derartige Ermessensentscheidungen sind aber eingeschränkt überprüfbar, d.h. insoweit darf durch das Beschwerdegericht allein die angefochtene Entscheidung dahingehend überprüft werden, ob das AG sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Ermessensfehlgebrauch, Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensreduzierung auf Null); insbesondere darf insoweit nicht eine eigene Ermessensentscheidung des Beschwerdegerichts Grundlage der Entscheidung werden, wenn solche Ermessensfehler nicht vorliegen (OLG Celle, Beschl. v. 4.5.2012 - 10 UF 69/12).

2. Unter Beachtung dessen sind Ermessensfehler des AG hier nicht erkennbar.

Zunächst hat das AG die zutreffenden Rechtsgrundlagen angewandt. Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 3 FamFG musste das AG zwingend über die Kosten entscheiden, da es sich bei dem vorliegenden Abstammungsverfahren (§§ 169 ff. FamFG) um eine Familiensache (§ 111 Nr. 3 FamFG) handelte. Da hier weder eine Kostenauferlegung zu Lasten des antragstellenden minderjährigen Kindes (§ 81 Abs. 3 FamFG, vgl. auch OLG München FamRZ 2011, 923; ferner OLG Schleswig, Beschl. v. 27.1.2012 - 10 WF 237/11 m.w.N.) noch zu Lasten des beteiligten Jugendamtes mangels eines dies rechtfertigenden Sachverhaltes - insbesondere nach § 81 Abs. 2 FamFG (vgl. dazu auch OLG Celle, Beschl. v. 4.5.2012 - 10 UF 69/12) in Betracht kam, entspricht es dann im Allgemeinen einer ermessensgerechten Entscheidung, die Kostenlast zwischen den beteiligten Kindeseltern zu verteilen (OLG München FamRZ 2011, 923; OLG Celle, Beschl. v. 4.5.2012 - 10 UF 69/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.5.2011 - 1 WF 260/10). In solchen Fällen entspricht es regelmäßig der Billigkeit, die Gerichtskosten den Kindeseltern gleichmäßig, d.h. jeweils hälftig aufzuerlegen und von einer Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten abzusehen (vgl. OLG München FamRZ 2011, 923; OLG Celle, Beschl. v. 4.5.2012 - 10 UF 69/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.5.2011 - 1 WF 260/10; ferner auch - für erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung - OLG Schleswig, Beschl. v. 27.1.2012 - 10 WF 237/11).

Sofern dagegen die Auffassung vertreten wird, eine Beteiligung der Kindesmutter an den gerichtlichen Kosten der Vaterschaftsfeststellung entspräche im Regelfall nicht der Billigkeit, da die Kindesmutter keine Möglichkeit habe, das Verfahren bzw. die Einholung des gerichtlichen Gutachtens abzuwenden (vgl. OLG Oldenburg FamRZ 2012, 733), kann der Senat dem in dieser Allgemeinheit nicht folgen (vgl. auch OLG München FamRZ 2011, 923; OLG Celle, Beschl. v. 4.5.2012 - 10 UF 69/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.5.2011 - 1 WF 260/10). Denn auch auf Seiten des Kindesvaters ist zu berücksichtigen, dass er jedenfalls im Allgemeinen bei Zweifeln an seiner Vaterschaft einem solchen Verfahren nicht ausweichen kann. Etwas anderes mag dann gelten, wenn der Vater praktisch keine vernünftigen Zweifel an seiner eigenen Vaterschaft hegen kann (insoweit auch OLG Oldenburg FamRZ 2012, 733). Eine solche besondere Sachlage ist hier aber nicht feststellbar, jedenfalls angesichts dessen, dass unstreitig erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Mai 2011 die Kindesmutter ausdrücklich erklärt hat, allein mit dem Antragsgegner im Rahmen der Empfängniszeit verkehrt zu haben. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass einem Kindesvater jedenfalls im Grundsatz die Möglichkeit zur Verfügung stehen muss, seine Vaterschaft - mit der w...

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