Verfahrensgang

AG Fürstenwalde (Entscheidung vom 07.03.2022; Aktenzeichen 5 Ls 228 Js 12882/20 jug.)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Fürstenwalde/Spree vom 7. März 2022 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Schuldspruch, soweit eine Verurteilung wegen versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall erfolgt ist (Fall II. Nr. 2 der Urteilsgründe), sowie

b) im Rechtsfolgenausspruch.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Fürstenwalde/Spree - Jugendschöffengericht - zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Fürstenwalde/Spree hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fall II. Nr. 1 der Urteilsgründe) sowie wegen versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall (Fall II. Nr. 2 der Urteilsgründe) zu einer Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der Senat ist insoweit dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gefolgt.

1. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils hat auf die Sachrüge hin hinsichtlich der Feststellungen zur Tat vom 12. Mai 2019 (Fall II. Nr. 1 der Urteilsgründe) und der sie tragenden Beweiswürdigung sowie im diesbezüglichen Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler ergeben, § 349 Abs. 2 StPO.

2. Soweit der Angeklagte wegen "versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall" (Fall II. Nr. 2 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, kann der Schuldspruch keinen Bestand haben. Das Urteil enthält insoweit keine diesen Schuldspruch tragende Feststellungen im Sinne des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO. In den Urteilsgründen heißt es dazu lediglich, der Angeklagte habe den Tatkomplex II. Nr. 2 "vollumfänglich eingeräumt" und "rechtlich gesehen stelle sich dieser als versuchter Diebstahl im besonders schweren Fall dar." Welches Tatgeschehen der Verurteilung insoweit zugrunde liegen soll, wird nicht dargelegt.

Der Senat kann daher nicht prüfen, ob das Amtsgericht (Tatgericht) in rechtsfehlerfreier Weise zu seinen (nicht dargelegten) Feststellungen gelangt und in jeder Hinsicht von zutreffenden Voraussetzungen für seinen Schuldspruch ausgegangen ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 267 Rn. 5 m. w. N.), sodass das Urteil insoweit aufzuheben war (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2008 - 5 StR 617/07, NStZ 2008, 352; Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., Rn. 42).

3. Die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs zieht bereits die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs nach sich.

Darüber hinaus sind die Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts im Übrigen auch nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs ist zu bedenken, dass auch Ausführungen dazu erforderlich sind, ob und warum für den Angeklagten vom Vorliegen schädlicher Neigungen im Sinne von § 17 Abs. 2 JGG nicht nur im Zeitpunkt der vorliegenden Taten, sondern trotz zuvor in Rumänien verbüßter Strafhaft und zwischenzeitlicher Untersuchungshaft auch noch im Zeitpunkt des Urteilserlasses auszugehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2016, - 3 StR 473/15 - m. w. N., juris). Frühere Straftaten, mit denen schädliche Neigungen begründet werden, sind unter konkreter Darstellung der ihnen zugrunde liegenden Feststellungen mit Blick auf die Erforderlichkeit der Verhängung einer Jugendstrafe zu bewerten (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26. Oktober 2021 - 4 Rvs 109/21, BeckRS 2021, 33763 Rn. 6 m. w. N.). Das angefochtene Urteil legt aber weder eindeutig dar, ob das erkennende Jugendschöffengericht das Vorliegen schädlicher Neigungen annimmt, noch werden dem vorliegend angefochtenen Erkenntnis vorausgehende Verurteilungen, insbesondere aus Rumänien, hinsichtlich der dortigen Feststellungen konkret und damit revisionsrechtlich überprüfbar dargelegt.

b) Das Jugendschöffengericht stützt die Verhängung der Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld maßgeblich darauf, dass der Angeklagte sich eines "Kapitalverbrechens" (§§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 1a) StGB) schuldig gemacht habe. Bei der Beurteilung der Schuldschwere i. S. v. § 17 Abs. 2 2. Alt. JGG kommt jedoch dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat und ihrer Einstufung im Strafgesetzbuch als Verbrechen keine selbständige Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Maßgeblicher Anhaltspunkt ist die innere Tatseite. Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist nur insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und das Maß der Schuld gezogen werden kön...

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