Verfahrensgang

LG Potsdam (Beschluss vom 26.06.1995; Aktenzeichen 9 O 295/95)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten vom 13.07.1995 wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 26.06.1995 – 9 O 295/95 – abgeändert:

Der Rechtsweg zu den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird in dieser Sache für unzulässig erklärt und diese zur Verhandlung und Entscheidung an das zuständige Arbeitsgericht Potsdam verwiesen.

Die Kosten der Beschwerde hat der Kläger zu tragen. Der Beschwerdewert wird auf 10.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Kläger begehrt im Wege des Urkundsprozesses die Feststellung, daß der zwischen den Parteien bestehende Dienstvertrag durch Kündigungen der Beklagten nicht beendet worden ist, sowie die Zahlung von Gehalt. Die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage die Feststellung, daß ihr der Kläger für pflichtverletzendes Handeln in der Zeit seiner Tätigkeit als stellvertretendes Vorstandsmitglied für die Kreissparkasse R. schadenersatzpflichtig sei.

Der Kläger schloß am 29.11.1991 mit der Kreissparkasse R. einen Dienstvertrag ab. Er wurde zum stellvertretenden Vorstandsmitglied bestellt. Am 01.07.1994 wurde die Kreissparkasse R. durch die M. Sparkasse in …, die Beklagte, aufgenommen. Nach § 8 IV der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen dem Zweckverband für die M. Sparkasse in … und dem Landkreis H. wurden weder der Kläger noch die weiteren Vorstandsmitglieder der Kreissparkasse R. in den Vorstand der aufnehmenden Beklagten berufen.

Die Beklagte hat dem Kläger bereits am 14.06.1994 angeboten, bei gleicher Vergütung als leitender Mitarbeiter eingestellt zu werden. Dieses Angebot lehnte der Kläger ab. Mit einem Schreiben vom 30.06.1994 hat der Vorstand der Beklagten den Kläger aufgefordert, seine Tätigkeit ab dem 01.07.1994 einzustellen. Am 05.07.1994 beschloß der Verwaltungsrat der Beklagten, den Kläger nicht zum Vorstandsmitglied oder stellvertretenden Vorstandsmitglied zu bestellen. Die Beklagte erklärte die Kündigung des Vertrages mit dem Kläger aus wichtigem Grund am 13.07.1994 und nochmals am 01.08.1994.

Vor seiner Bestellung zum stellvertretenden Vorstandsmitglied und dem Abschluß des Dienstvertrages am 29.11.1991 hatte der Kläger mit der Kreissparkasse R. am 21.06.1991 einen Arbeitsvertrag abgeschlossen.

Die Beklagte hat die fehlende sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gerügt. Sie ist der Auffassung, daß für die Entscheidung über die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche die Arbeitsgerichte zuständig seien. Sie hat gemäß § 17a III GVG beantragt, vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu entscheiden.

Das Landgericht hat seine sachliche Zuständigkeit bejaht. Der Kläger mache Ansprüche aus seinem Dienstvertrag nach § 611 BGB geltend. Er sei nach § 5 I ArbGG kein Arbeitnehmer, sondern als stellvertretendes Vorstandsmitglied ein Organ der Sparkasse. Selbst wenn man anderes annähme, wäre der Kläger kein Arbeitnehmer, da er mit der Sparkasse R. einen freien Dienstvertrag abgeschlossen habe. Der Dienstvertrag sei im Wege der Rechtsnachfolge auf die Beklagte übergegangen. Die Organstellung des Klägers habe mit dem Wirksamwerden der Aufnahme der Kreissparkasse R. durch die Beklagte geendet. Das habe jedoch nicht dazu geführt, daß sich der Dienstvertrag des Klägers in einen Arbeitsvertrag verwandelt habe. Auch der von dem Kläger vor seiner Berufung zum stellvertretenden Vorstandsmitglied mit der Kreissparkasse R. abgeschlossene Arbeitsvertrag sei nicht wieder aufgelebt, da er von den Vertragsparteien konkludent aufgehoben worden sei.

Gegen diese ihr am 05.07.1995 zugestellte Entscheidung, hat die Beklagte mit am 14.07.1995 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 13.07.1995 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt, mit der sie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Verweisung des Rechtsstreites an das zuständige Arbeitsgericht begehrt.

Die Beklagte ist auch weiterhin der Auffassung, daß der Kläger als stellvertretendes Vorstandsmitglied der Kreissparkasse nach den Bestimmungen des Sparkassengesetzes der DDR (SpkG/DDR) nicht Organ derselben war, sondern gemäß § 5 I ArbGG Arbeitnehmer. Überdies habe – und nur darauf komme es an – die Beklagte mit der aufgenommenen Sparkasse vereinbart, daß der Kläger nicht als Vorstandsmitglied übernommen, sondern bei ihr als Arbeitnehmer beschäftigt werde. Dementsprechend sei dem Kläger eine Tätigkeit als Filialdirektor durch die Beklagte angeboten worden. Daß der Kläger dieses Angebot abgelehnt habe, ändere nichts an der Tatsache, daß das Dienstverhältnis des Klägers durch die Vereinbarung der Fusionspartner in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt worden sei. Dieses Arbeitsverhältnis sei durch Kündigung beendet worden. Im Unterliegensfalle begehrt die Beklagte die Zulassung der weiteren Beschwerde nach § 17a IV GVG.

Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Beschwerde. Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 17a IV GVG) und auch sonst zulässig.

Insbesondere ist die Besc...

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