Tenor

Zuständig ist das Amtsgericht Königs Wusterhausen.

 

Gründe

I. Die Erblasserin wohnte bis zum ... November 2020 in der ... Straße 11 in K... in einer Wohnung der Wohnungsbaugenossenschaft K..., deren Mitglied sie auch war. Am ... November 2020 wurde sie in einem Hospiz in K... L... aufgenommen, welches sich im Bezirk des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel befindet. Dort verstarb die Erblasserin am ... Januar 2021.

Die Wohnungsbaugenossenschaft K... hat am 15. Februar 2021 die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragt. Sie beabsichtigt Ansprüche auf rückständige Miete, Räumung der Wohnung und Renovierung bzw. Schadenersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen geltend zu machen.

Eine Schwester der Erblasserin, Frau R... H..., wohnhaft in K..., hat die Erbschaft bereits am 16. Februar 2021 vor dem Amtsgericht Königs Wusterhausen ausgeschlagen. Ein Neffe der Erblasserin, H... M..., wohnhaft in W..., hat die Erbschaft am 1. März 2021 vor dem Amtsgericht Wittenberg ausgeschlagen. Dessen einziges Kind, A... M..., sowie dessen Enkelin, P... M..., haben die Erbschaft 1. März 2021 ebenfalls vor dem Amtsgericht Wittenberg ausgeschlagen. Eine Nichte der Erblasserin, G... W..., hat die Erbschaft am 27. Februar 2021 vor einem Notar in H... ausgeschlagen. Deren Tochter, V... A..., hat die Erbschaft am 15. März 2021 vor einer Notarin in L... ausgeschlagen. Eine weitere Nichte, C... H... aus Sch...(Tochter der Schwester R... H...), beabsichtigt ebenfalls die Erbschaft auszuschlagen, benötigt zuvor jedoch noch Informationen.

Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel hat sich mit Beschluss vom 10. März 2021 für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht Königs Wusterhausen verwiesen. Es ist davon ausgegangen, dass die Erblasserin ihren Lebensmittelpunkt weiterhin in Königs Wusterhausen hatte und diesen nicht dadurch aufgegeben habe, dass sie sich zum Sterben in das Hospiz in L... begeben habe.

Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat durch Beschluss vom 23. März 2021 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Dieses Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass die Erblasserin ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach L... verlegt habe, in dem sie sich in das dortige Hospiz begeben hat.

Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel hat die Sache daraufhin dem Senat zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.

II. Auf die Vorlage der Sache durch das Amtsgericht Brandenburg an der Havel ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts Königs Wusterhausen für die weitere Bearbeitung des Verfahrens auszusprechen.

1. Der Zuständigkeitsstreit ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG durch das Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden, da die am Gerichtsstandsbestimmungsverfahren beteiligten Gerichte sich in seinem Bezirk befinden.

2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG liegen vor. Sowohl das Amtsgericht Brandenburg an der Havel als auch das Amtsgericht Königs Wusterhausen haben sich im Sinne dieser Vorschrift rechtskräftig für unzuständig erklärt, nämlich Ersteres durch den Beschluss über die Verweisung des Verfahrens vom 10. März 2021 und Letzteres durch den seine Zuständigkeit verneinenden Beschluss vom 23. März 2021. Beide Beschlüsse genügen den an das Merkmal "rechtskräftig" zustellenden Anforderungen, da es dafür allein darauf ankommt, dass eine den Beteiligten bekannt gemachte beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (vgl. statt vieler: Senat NJW 2004, 780).

3. Zuständig ist das Amtsgericht Königs Wusterhausen.

Seine Zuständigkeit folgt aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel nach § 3 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Aufgrund der klaren gesetzlichen Regelung kann die Bindungswirkung nur ausnahmsweise infolge der Verletzung höherrangigen (Verfassungs-)Rechts, namentlich bei der ungenügenden Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder bei objektiv willkürlicher Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), entfallen. Im Interesse einer baldigen Klärung und Vermeidung wechselseitiger (Rück-)Verweisungen ist die Willkürschwelle dabei hoch anzusetzen. Einfache Rechtsfehler, wie etwa das Übersehen einer die Zuständigkeit begründenden Rechtsnorm, rechtfertigen die Annahme einer objektiv willkürlichen Verweisung grundsätzlich nicht. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Verweisung offenbar gesetzwidrig oder grob rechtsfehlerhaft ist, also gleichsam jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BGH, Beschluss vom 17.05.2011, X ARZ 109/11, zitiert nach juris; Senat, JMBl. 2007, 65, 66; NJW 2006, 3444, 3445; eingehend ferner: Tombrink, NJW 2003, 2364 f.; je m. w. N.). Diese für § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entwickelten Grundsätze sind auf die gleichartige Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 2 FamFG entsprechend anzuwenden (Senat, Senatsbeschluss vom 17.3.2020,1 AR 2/20 (SA Z); Beschluss vom 19.12.2016, 1 (Z) Sa 34/16; Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl., § 3, Rdnr. 52 ff.; Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 12. Aufl., § 3, Rdnr. 7 f.; Prütting/Helms/Prütting,...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge