Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 11 O 68/20)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufungen des Klägers und der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 27.08.2021, Az. 11 O 68/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufungen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufungen nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

1. Die Berufung der Beklagten zu 1 ist unbegründet. Sie schuldet dem Kläger die Rückzahlung der Darlehenssumme von 100.000 EUR. Sie ist ausweislich des schriftlichen Darlehensvertrages vom 07.07.2016 Darlehensnehmerin (Anlage K 1, Bl. 38 f.). Der Kläger hat den Darlehensbetrag von 100.000 EUR vereinbarungsgemäß am selben Tag auf ihr Konto überwiesen (Anlage K 2, Bl. 40). Gemäß den Vertragsbedingungen ist die Rückzahlung der Darlehenssumme einen Monat nach Tradingbeginn (11.07.2016), mithin seit dem 12.08.2016, fällig. Eine schriftliche Vertragsverlängerung haben die Vertragsparteien unstreitig nicht vereinbart.

a) Der Vortrag der Beklagten zu 1, sie sei nur Strohfrau gewesen, habe keinerlei Eigeninteresse an dem Geschäft gehabt und sei im Aktientrading völlig unerfahren, ist unerheblich. Daraus ist nicht abzuleiten, dass hier nur ein nichtiges Scheingeschäft gemäß § 117 Abs. 1 BGB vorliegt.

Ein bloßes Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht eintreten lassen wollen. Wird dagegen beim Vertragsschluss eine Person als Vertragspartner vorgeschoben (sogenannter Strohmann), so sind die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts in der Regel nicht erfüllt. Denn die erklärte Rechtsfolge ist von den Beteiligten normalerweise ernsthaft gewollt, weil andernfalls der erstrebte wirtschaftliche Zweck nicht oder nicht in rechtsbeständiger Weise erreicht würde. Das gilt selbst dann, wenn der Vertragspartner die Strohmanneigenschaft kannte; auch hier ist ausschlaggebend, ob die Parteien die Rechtsfolgen der Vereinbarung, insbesondere die damit für sie selbst verbundenen Pflichten, wirklich herbeiführen wollen (BGH, NJW-RR 2007, 1209; NJW 2002, 2030; NJW 1995, 727). Die Geschäfte sind auch dann nicht unwirksam, wenn der Strohmann kein eigenes Interesse am Abschluss hat (OLG Naumburg, Urteil vom 19.10.2004 - 9 U 62/04, Rn. 7, juris).

Zur Abgrenzung eines Strohmanngeschäfts vom Scheingeschäft kommt es maßgeblich darauf an, ob die Rechte und Pflichten - etwa mittels einer Haftungsfreistellung - den Hintermann von vornherein oder aber nur mittels Freistellungs- und Abtretungsansprüchen (etwa nach § 675 Abs. 1, §§ 667, 670) treffen sollen. Gegen ein Strohmanngeschäft spricht es, wenn es der Hintermann und nicht der (vermeintliche) Strohmann ist, der einen Kredit über sein Konto abwickelt und in seiner Bilanz ausweist. Sind sich der Strohmann und der Dritte darüber einig, dass durch das Rechtsgeschäft nicht der Strohmann, sondern von vornherein (also "unmittelbar" durch das Rechtsgeschäft) der Hintermann Träger von Rechten und Pflichten werden soll, und nicht erst mittels eines Freistellungs- bzw. Abtretungsanspruchs (etwa aus § 675 Abs. 1, §§ 667, 670), so spricht dies für ein Scheingeschäft (BeckOGK/Rehberg, BGB, Stand: 01.03.2022, § 117 Rn. 32). Kein Scheingeschäft liegt hingegen vor, wenn ein Strohmann einen Darlehensvertrag im eigenen Namen abschließt und die Darlehensvaluta sogleich nach Erhalt an den Hintermann abführt (jurisPK/Ilmer, BGB, 9. Aufl., Stand: 14.09.2020, § 117 Rn. 25).

So liegt der Fall hier. Der Kläger hat vereinbarungsgemäß die Darlehenssumme auf das Konto der Beklagten zu 1 überwiesen. Auch die Tradinggeschäfte, denen die Gewährung des Darlehens ausweislich des streitgegenständlichen Darlehensvertrages diente, sind unstreitig über Konten der Beklagten zu 1 abgewickelt worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte zu 1 zu diesem Zweck einem V... M... Zugang zu ihren Konten durch Mitteilung der Zugangsdaten für das Online-Konto und -Depot verschafft hat (vgl. hierzu auch OLG Naumburg, a. a. O.), was der Kläger im Übrigen bestreitet. Gegen ein Scheingeschäft spricht hier zusätzlich, dass der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten zu 1 auch keinen direkten Kontakt zu dem M... (so er denn überhaupt existiert bzw. im vorliegenden Fall tatsächlich als Hintermann agiert hat) haben sollte, mithin ein Vertragsschluss zwischen dem Kläger und einem M... auch unter Zugrundelegung dieses Vortrages nicht gewollt war.

b) Soweit die Beklagte zu 1 zusätzlich behauptet, ein Darlehen sei nicht gewollt gewesen, da die Rückzahlung in Abhängi...

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