Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 12 O 360/07)

 

Tenor

Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu tragen.

 

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte auf Untersagung der Fortsetzung des Ausschreibungsverfahrens betreffend die Erneuerung der Holzfenster in der Turnhalle am L... in F... - insbesondere auf Unterlassung der Zuschlagserteilung - im Wege der einstweiligen Verfügung in Anspruch genommen. Die Parteien streiten in erster Linie darüber, ob bei Vergaben unterhalb des Schwellenwertes überhaupt Primärrechtsschutz erlangt werden kann sowie darüber, ob die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gegeben sind, insbesondere ob eine Verletzung von § 9 VOB/A vorliegt und ob die Verfügungsklägerin eine solche Verletzung geltend machen kann. Die Verfügungsklägerin rügt hierzu, dass die Vorgaben des von der Verfügungsbeklagten erstellten Leistungsverzeichnisses keine ausreichenden Angaben für die Preiskalkulation enthielten, insbesondere weil die mit der Ausschreibung vorgegebenen Regeln der Technik, die die Einhaltung der Werte der Energieeinsparverordnung (EnEv) umfassten, anhand der Planungsvorgaben nicht eingehalten werden könnten bzw. keine hinreichenden Vorgaben vorhanden seien, um eine Einhaltung zu gewährleisten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit am 14.11.2007 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Verfügungsbeklagten mittels einstweiliger Verfügung untersagt, in dem Vergabeverfahren zur Baumaßnahme Turnhalle L... in F... betreffend Los 4 - Tischlerarbeiten - Erneuerung Holzfenster - auf der Grundlage des vorgelegten Leistungsverzeichnisses den Zuschlag zu erteilen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Verfügungsklägerin stehe aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 3 GG ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Zuschlagserteilung aufgrund des der Ausschreibung zugrunde liegenden Leistungsverzeichnisses zu. Voraussetzung für einen Verstoß gegen Art. 3 GG sei, dass der öffentliche Auftraggeber willkürlich Vergabevorschriften verletze und durch die Verletzung dem Bieter deswegen ein Schaden drohe. Eine willkürliche Diskriminierung liege dabei vor, wenn die Leistungsbeschreibung in einem solchem Maße fehlerhaft sei, dass eine Vergleichbarkeit der auf ihr basierenden Angebote schlechterdings ausgeschlossen erscheine. Dies sei vorliegend anzunehmen. Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass die Anforderungen des Feuchtigkeits- und Wärmeschutzes der EnEv nicht einzuhalten seien, ohne das sich dem Leistungsverzeichnis entnehmen lasse, dass die Anforderungen nicht beachtet werden müssten. Da diese Anforderungen Auswirkungen auf die Preiskalkulation hätten, sei eine vergleichbare Kalkulation insgesamt ausgeschlossen. Auch ein Verfügungsgrund sei gegeben. Das Aussetzungsinteresse der Verfügungsklägerin überwiege das Fortsetzungsinteresse der Verfügungsbeklagten, zumal durch die einstweilige Verfügung lediglich eine Erteilung des Zuschlages auf Grundlage des mit gravierenden Fehlern behafteten Leistungsverzeichnisses verhindert werde, ohne dass eine bestimmte Art der Ausschreibung vorgegeben werde. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Nach Schluss der ersten Instanz hat die Verfügungsbeklagte das Vergabeverfahren aufgehoben und eine freihändige Vergabe auf der Grundlage eines modifizierten Leistungsverzeichnisses durchgeführt.

Die Verfügungsbeklagte hat gegen das ihr am 22.11.2007 zugestellte Urteil mit am 21.12.2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel innerhalb verlängerter Frist mit am 22.02.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Verfügungsbeklagte, deren Ausführungen sich die Streithelferin angeschlossen hat, bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisantritten. Sie ist der Auffassung, das Urteil sei bereits deshalb aufzuheben, weil die einstweilige Verfügung - unstreitig - nicht innerhalb der Frist von einem Monat zugestellt worden sei. Weiterhin vertieft sie ihre Auffassung, für Auftragswerte unterhalb des Schwellenwertes im Sinne von § 127 Nr. 1 GWB bestehe ein Primärrechtsschutz nicht. Rechtsfehlerhaft gehe das Landgericht zudem davon aus, dass ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 3 GG bestehe. Das Landgericht verkenne bereits, dass Art. 3 GG kein Schutzgesetz im Sinne des Deliktsrechts sei. Auch § 9 VOB/A habe keinen Schutzgesetzcharakter. Das Landgericht habe auch gegen § 139 ZPO verstoßen, da es nicht darauf hingewiesen habe, dass konkrete Darlegungen zu den denkmalschutzrechtlichen Auswirkungen fehlten. Unzutreffend habe das Gericht den Anwendungsbereich der EnEv beurteilt. Tatsächlich sei die EnEv 2007 anzuwenden. Zudem sei die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zur Baugenehmigung zu beachten, aus der sich ergebe, dass die für die Einhaltung der Werte der En...

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