Entscheidungsstichwort (Thema)
Arzthaftungsprozess: Zulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens; Trennung von medizinischen und rechtlichen Fragen
Normenkette
ZPO § 485 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 10.05.2011; Aktenzeichen 11 OH 7/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des LG Potsdam vom 10.5.2011 - 11 OH 7/11, teilweise abgeändert:
Es soll gem. § 485 ZPO Beweis über folgende Fragen der Antragstellerin durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines - noch zu benennenden - medizinischen Sachverständigen erhoben werden:
I.a) Wäre eine röntgenologische Untersuchung des rechten Fußes der Antragstellerin am 22.6.2010 durch die Antragsgegnerin zu 2) zu veranlassen gewesen? Hätte dabei der im rechten Fuß der Antragstellerin vorhandene Holzsplitterrest erkannt werden können?
b) Hätte die am 15.6.2010 unter Vollnarkose erfolgte operative Entfernung des Splitters aus dem rechten Fuß der Antragstellerin bei Feststellung des Splitterrestes im Rahmen der am 22.6.2010 durch die Antragsgegnerin zu 2. erfolgten Untersuchung vermieden werden können, oder hätte die am 25.6.2010 erfolgte Operation vielmehr schon am 22.6.2010 erfolgen müssen?
II. Erfolgte die Entfernung des Splitters im rechten Fuß der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin zu 3. im Rahmen der Operation am 25.6.2010 nur unvollständig? Hätten die vorhandenen Reste der Holzsplitter im rechten Fuß der Antragstellerin postoperativ erkannt werden müssen bevor die Antragstellerin aus dem D. Krankenhaus L. entlassen wurde?
III. Hätte die Operation der Antragstellerin am 13.7.2010 vermieden werden können, wenn im Rahmen der am 25.6.2010 erfolgten Operation der Holzsplitter vollständig entfernt worden wäre? Wurde infolge der notwendigen zweiten Operation der Antragstellerin am 13.7.2010 der weitere Heilungsverlauf der Wunde deshalb verzögert?
IV.a) Hätte die achtwöchige Einnahme von Antibiotika durch die Antragstellerin vermieden werden können?
b) Hätte die Chemotherapie bei der Antragstellerin vermieden werden können?
c) Welche gesundheitlichen Schäden erlitt die Antragstellerin durch die Einnahme von Antibiotika sowie durch die verordnete Chemotherapie? Sind bleibende oder zukünftig etwa noch auftretende gesundheitliche Schäden durch die Medikamente zu erwarten (Nebenwirkungen?)
d) Wurde der vom 08. bis 10.10.2010 erfolgte stationäre Aufenthalt der Antragstellerin im J. Krankenhaus B. sowie die sich anschließende Medikamententherapie wegen der überlangen Antibiotikaeinnahme notwendig?
e) Sind am rechten Fuß der Antragstellerin bleibende gesundheitliche Schäden zu erwarten?
Im Übrigen wird der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen. Die weiter gehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die am ... 7.2004 geborene Antragstellerin riss sich am 18.6.2010 einen langen Holzsplitter längs in die rechte Fußsohle ein. Sie ließ sich wegen anhaltender Schmerzen am 22.6.2010 in der Notaufnahme des von Antragsgegnerin zu 1. betriebenen D. Krankenhauses L. von der Antragsgegnerin zu 2. behandeln. Diese untersuchte die Wunde, stellte jedoch weiter im Fuß befindliche Splitterteile nicht fest. Eine Röntgenuntersuchung erfolgte nicht. Die Wunde wurde gereinigt, mit Salbe versorgt und verbunden. Ein Besuch des Kindergartens wurde der Antragstellerin von der Antragsgegnerin zu 2. zumindest nicht generell untersagt. Am 25.6.2010 wurde die Antragstellerin mit dem zwischenzeitlich angeschwollenen Fuß wegen einer Entzündung mit beginnender Blutvergiftung ins D. Krankenhaus L. eingewiesen. Dort wurde im Rahmen einer Röntgenuntersuchung ein Holzsplitterrest im Fuß gefunden. Zur Entfernung des Holzsplitters wurde die Antragstellerin am gleichen Tage in Vollnarkose von der Antragsgegnerin zu 3. operiert. Am 26.6.2010 wurde die Antragstellerin nach Hause entlassen. In der Folgezeit wurde sie u.a. mit einem Antibiotikum behandelt. Am 12.7.2010 verschlechterte sich der Zustand der Wunde, so dass die Antragstellerin erneut ins D. Krankenhaus L. eingewiesen wurde. Bei einer weiteren Operation am 13.7.2010 wurde ein weiterer 3 cm langer Splitterrest entfernt. Am 26.6.2010 wurde die Antragstellerin wieder nach Hause entlassen und weiter mit einem Antibiotikum behandelt. Am 16.8.2010 wurde eine Beule neben der Narbe am Fuß der Klägerin geöffnet und weißes Sekret entfernt. Die Antragstellerin erhielt weiter Antibiotika. In der Folge trat bei der Antragstellerin eine schwere Darminfektion auf, die sie auf die lang andauernde Gabe von Antibiotika zurückführt und die mit einem Chemotherapeutikum sowie mit einer medikamentösen Therapie behandelt wurde, wobei letztere in der Zeit vom 08.10. bis 11.10.2010 stationär durchgeführt wurde.
Mit ihrem Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens hat die Antragstellerin begehrt, ein schriftliches Sachverständigen...