Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist der Wille eines erst 8 Jahre alten Kindes regelmäßig nicht von Ausschlag gebender Bedeutung.
2. Die Trennung von Geschwistern ist grundsätzlich zu vermeiden und nur bei Vorliegen besonderer triftiger Ausnahmegründe zuzulassen.
Gründe
Der Antragsgegnerin kann Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Beschwerde nicht bewilligt werden. Die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114. Denn nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung entspricht die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Antragsgegner dem Wohl der Kinder am besten, § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Hinreichende Erfolgsaussicht ist nicht im Hinblick auf ein etwa fehlerhaft durchgeführtes Prozesskostenhilfeverfahren des AG gegeben. Unabhängig von der Frage, ob es zu beanstanden ist, dass das AG über den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin erst durch den angefochtenen Beschluss in der Hauptsache befunden hat, wirkt sich die Verfahrensweise des AG jedenfalls auf die zu treffende Sorgerechtsentscheidung nicht aus.
Auch der von der Antragstellerin hervorgehobene Umstand, dass das AG einen Verfahrenspfleger nicht bestellt hat, führt nicht dazu, die Beschwerde als Erfolg versprechend anzusehen. Denn die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 50 FGG ist nicht in sämtlichen Verfahren geboten, sondern nur dann, wenn das Gericht nach konkreter Einzelfallprüfung die Notwendigkeit einer selbstständigen Interessenvertretung des Kindes feststellt (Verfahrenshandbuch Familiensachen – FamVerf –/Schael, § 2 Rz. 126).
Schließlich ist die angefochtene Entscheidung auch nicht, wie die Antragstellerin meint, schon deshalb zu beanstanden, weil das für ihren Wohnsitz zuständige Jugendamt Ju. nicht hinreichend beteiligt worden sei. Denn dieses Jugendamt hat unter dem 7.11.2003 eine Stellungnahme ggü. dem AG abgegeben, die in der angefochtenen Entscheidung Berücksichtigung gefunden hat. Allein der Umstand, dass die Empfehlungen der beiden beteiligten Jugendämter zueinander in Widerspruch stehen, gebietet es nicht, die Jugendämter über deren schriftliche Stellungnahmen hinaus in das Verfahren einzubeziehen. Die Jugendämter sollen dem Gericht insb. helfen, Feststellungen zum Lebensumfeld der Kinder bei beiden Elternteilen zu treffen. Das AG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Ausführungen des Jugendamts Ju., die darüber hinausgehen und sich auf die Lebensumstände und das Verhalten des Vaters beziehen, nicht auf der eigenen Wahrnehmung von Mitarbeitern des Jugendamts beruhen, sondern nur in entsprechenden Äußerungen der Mutter ihre Grundlage haben können. Vor diesem Hintergrund ist die Art der Verwertung der Ausführungen des Jugendamtes Ju. durch das AG nicht zu beanstanden.
Gemäß § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB ist nach der Trennung der Eltern die elterliche Sorge ganz oder teilweise auf Antrag einem Elternteil allein zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge oder eines Teilbereichs davon sowie die Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Stellen die Eltern einen Antrag auf Übertragung nur eines Teils der elterlichen Sorge, etwa des Aufenthaltsbestimmungsrechts, so ist eine Entscheidung nur insoweit erforderlich, im Übrigen bleibt die gemeinsame elterliche Sorge bestehen (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl., § 1671 Rz. 18; Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1671 Rz. 4 f.). Für die Entscheidung ausschlaggebend ist das Kindeswohl (Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1671 Rz. 5 und 12). Dabei ist anzunehmen, dass beim Fehlen elterlicher Kooperationsbereitschaft und/oder -fähigkeit die Nachteile oder Risiken für das Wohl des Kindes, das vom zu erwartenden Streit oder von den Konflikten der Eltern über die einzelnen Sorgeangelegenheiten mitbetroffen, wenn nicht gar in den Streit hineingezogen werden wird, so groß sind, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge – ganz oder teilweise – zum Kindeswohl erforderlich ist (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl., § 1671 Rz. 38 m.w.N.).
Soweit danach die gemeinsame Sorge aufzuheben ist, sind für die Frage, auf welchen Elternteil das Sorgerecht zu übertragen ist, folgende Gesichtspunkte zu beachten, wobei deren Reihenfolge im Hinblick auf ihren Stellenwert keine Bedeutung zukommt (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl., § 1671 BGB Rz. 84):
- der Förderungsgrundsatz, nämlich die Eignung, Bereitschaft und Möglichkeit der Eltern zur Übernahme der für das Kindeswohl maßgeblichen Erziehung und Betreuung,
die Bindung des Kindes an beide Elternteile und etwa vorhandene Geschwister,
der Wille des Kindes, soweit er mit seinem Wohl vereinbar ist und das Kind nach Alter und Reife zu einer Willensbildung im natürlichen Sinne in der Lage ist sowie
- der Kontinuitätsgrundsatz, der auf die Stetigkeit und die Wahrung der Entwicklung des Kindes abstellt (vgl. zum Ganzen Palandt/Diederichsen, BGB,...