Leitsatz (amtlich)

Ein Teilausschluss des Versorgungsausgleichs kann gem. § 27 VersAusglG wegen Getrenntlebens während fast der Hälfte der Ehezeit in Betracht kommen. Da eine Vorverlegung der Ehezeit nicht in Betracht kommt, bleibt auch in solchen Fällen das Ehezeitende gem. § 3 Abs. 1 VersAusglG Bemessungsgrundlage der auszugleichenden Anrechte.

 

Normenkette

VersAusglG § 27

 

Verfahrensgang

AG Fürstenwalde (Beschluss vom 05.01.2012; Aktenzeichen 10 F 464/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Fürstenwalde (Spree) vom 5.1.2012 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung B., Versicherungsnummer ..., zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 5,5179 Entgeltpunkten (Ost) auf sein Versicherungskonto Nr ... bei der Deutschen Rentenversicherung ..., bezogen auf den 31.1.2009, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung ..., Versicherungsnummer ..., zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 0,7332 Entgeltpunkten auf ihr Versicherungskonto Nr ... bei der Deutschen Rentenversicherung B., bezogen auf den 31.1.2009, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung ..., Versicherungsnummer ..., zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 1,6335 Entgeltpunkten (Ost) auf ihr Versicherungskonto Nr ... bei der Deutschen Rentenversicherung B., bezogen auf den 31.1.2009, übertragen.

Ein weiter gehender Versorgungsausgleich findet nicht statt.

Es verbleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtsgebühren werden insoweit nicht erhoben.

Der Beschwerdewert wird auf 1.107,60 EUR festgesetzt. Der Wert für die erstinstanzliche Folgesache über den Versorgungsausgleich ist anderweitig ebenfalls auf 1.107,60 EUR festzusetzen.

 

Gründe

I. Auf den am 19.2.2009 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin hat das AG die am 8.8.1988 geschlossene Ehe durch Urteil vom 22.2.2010 geschieden; zugleich hat es das Verfahren über den Versorgungsausgleich ausgesetzt. Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG den Versorgungsausgleich nach Wiederaufnahme gem. § 50 VersAusglG unter Ausgleich aller innerhalb der vom 1.8.1988 bis 31.1.2009 dauernden Ehezeit beiderseitig erworbenen Anrechte durchgeführt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht mit näheren Ausführungen geltend, die Durchführung des Versorgungsausgleiches sei nach Maßgabe von § 27 VersAusglG aus Billigkeitsgründen auf die bis zum 31.12.1999 erworbenen beiderseitigen Anrechte der früheren Ehegatten zu beschränken, weil deren endgültige Trennung und wirtschaftliche Verselbständigung bereits am 1.1.2000 erfolgt sei. Der Antragsgegner ist dem Rechtsmittel nicht entgegengetreten.

Der Senat hat Neuauskünfte über die Versorgungsanwartschaften der früheren Ehegatten eingeholt und den Beteiligten bekanntgegeben. Diesen Auskünften liegt die fiktive Annahme zugrunde, die Ehegatten hätten nach dem 31.12.1999 keine Anrechte mehr erworben.

II. Das gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin ist begründet. Der Senat entscheidet nach Gewährung rechtlichen Gehörs ohne erneute Erörterung in einem Termin.

1. Das AG ist zwar angesichts einer Eheschließung am 8.8.1988 und einer Zustellung des Scheidungsantrags am 19.2.2009 zutreffend von einer vom 1.8.1988 bis zum 31.1.2009 dauernden Ehezeit gem. § 3 Abs. 1 VersAusglG ausgegangen. Für die Zeit nach dem 31.12.1999 findet jedoch fallbezogen ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, weil er grob unbillig wäre (§ 27 VersAusglG).

Der Versorgungsausgleich soll dem Gedanken Rechnung tragen, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit der Ehegatten im Keim auch eine Versorgungsgemeinschaft ist. Aus diesem Grunde werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung der Eheleute aufgehoben ist (BGH NJW 2008, 296 ff.; FamRZ 1985, 280 ff.; KG FamRZ 1997, 31f, m.w.N.). Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben (§ 3 VersAusglG). Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Insbesondere soll dem Ausgleichspflichtigen die Möglichkeit genommen werden, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren (BGHZ 75, 269 ff.). Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleiches als beiderseitiger Alterssicherung kann mithin eine lange Trennu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?