Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge: Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Senftenberg (Aktenzeichen 32 F 219/12) |
Tenor
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die am .... September 2000 geborene E... O... und die am .... März 2005 geborene F... O... wird vorläufig bis zur Entscheidung des Senates in der Hauptsache auf den Kindesvater allein übertragen.
Der Antrag der Kindesmutter, vorläufig bis zur Entscheidung des Senates in der Hauptsache ihr das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die am .... März 2005 geborene F... O... zu übertragen, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Gegenstandswert wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die - seit dem 19. November 2009 geschiedenen - Eltern der am .... September 2000 geborenen E... O... und der am ... März 2005 geborenen F... O....
Wenige Monate nach der (wohl) spätestens Anfang 2008 erfolgten Trennung entspann sich zwischen den Eltern ein in mehreren Gerichtsverfahren und nahezu ununterbrochen - zuletzt zunehmend erbittert - geführter Streit um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Töchter. Zunächst hatte die Mutter im Juli 2008 auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes für die Töchter angetragen (Az. 97 F 403/08), dem der Vater - zunächst ohne eigenen gegenläufigen Antrag - entgegengetreten ist. In Ansehung eines beabsichtigten Umzuges der Mutter von C... nach S... begehrte sodann der Vater das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht. Ihm wurde sodann im November 2008 - zur Sicherung des räumlich-sozialen Umfeldes der Kinder - zunächst im Wege einer einstweiligen Anordnung das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder übertragen (Bl. 21 ff. Bd. II zum Az. 97 F 403/08). Im Zuge des Beratungs- und Begutachtungsprozesses/der weiteren Entwicklung in der Hauptsache hat es verschiedene Lösungsansätze/Einigungsversuche der Eltern gegeben, die schließlich in eine im Termin am 24. Februar 2010 abgeschlossene und familiengerichtlich genehmigte Vereinbarung dahin endeten, dass die Töchter ab dem 1. August 2010 ihren ständigen Wohnsitz bei der Mutter in S... begründen sollten und dem Vater ein im Einzelnen näher konkretisiertes Umgangsrecht eingeräumt wurde.
Rund sechs Monate nach der Umsetzung dieser Vereinbarung, nämlich unter dem 11. Februar 2011 hat der Kindesvater sodann - das ist der Gegenstand des hiesigen Hauptsacheverfahrens zum Az. 9 UF 132/12 - auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder angetragen und dies ganz wesentlich auf die Behauptung gestützt, beide Kinder hätten geäußert, "viel lieber bei ihm wohnen zu wollen".
Die Kindesmutter ist diesem Antrag dezidiert entgegengetreten und hat einen massiven Druck des Vaters, insbesondere auf E..., geltend gemacht. Der Wechselwunsch E...s werde aus (ungesunder) Sorge um das Wohl des Vaters geäußert.
Nach - beiden Eltern gleichermaßen zugeschriebenem (vgl. Bericht der F... gGmbH, Bl. 98 f. des HS-Verfahrens) - Scheitern einer - gerichtlich beauflagten - Erziehungs- und Familienberatung hat das Familiengericht ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten beauftragt. Dieses wurde kurzfristig erstellt, in einem gerichtlichen Anhörungstermin am 8. Februar 2012 mündlich erläutert und - nachdem E... in der ihr (vom Vater vermittelten) Erwartung, sie werde im Ergebnis der anstehenden Gerichtsentscheidung weiterhin bei der Mutter wohnen bleiben, eine psychische Krise erlitten hatte und von ihrer behandelnden Therapeutin wegen der geäußerten Suizidgedanken in einen stationären Krankenhausaufenthalt überwiesen worden war - um eine Betrachtung der Geschwisterbindung und den Möglichkeiten/Folgen einer etwaigen Trennung der Schwestern schriftlich ergänzt und am 27. Juni 2012 erneut mündlich erläutert.
Das Amtsgericht hat sodann mit Beschluss vom 10. Juli 2012 den Antrag des Kindesvaters, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen, zurückgewiesen. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass es dem Kindeswohl am Besten entspreche, wenn das Aufenthaltsbestimmungsrecht weiterhin bei beiden Elternteilen verbleibt, was zur Folge habe, dass die Kinder - der Vereinbarung der Eltern vom 24. Februar 2010 in dem ersten Hauptsacheverfahren 97 F 403/08 folgend - weiterhin ihren Lebensmittelpunkt in S... hätten. Das Gericht beschreibt eine erschreckende Entwicklung beider - zunehmend und in Bezug auf E... besonders belasteten - Kinder während des Verfahrens. Das Amtsgericht folgt letztlich der Sachverständigen in der Einschätzung, dass ein erneuter Wechsel des Lebensmittelpunktes für die Kinder, deren enge Geschwisterbeziehung keinesfalls aufgelöst werden dürfe, eine zusätzliche Belastung bedeuten würde. Entscheidend seien letztlich die im Vergleich zur Mutter (noch) geringere Bindungstoleranz des Vaters, der für die Mutter streitende Grundsatz der Kontinuität und di...