Verfahrensgang
AG Schwedt (Beschluss vom 30.08.2016; Aktenzeichen 4 F 167/15) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Schwedt/Oder vom 30.08.2016 zu Ziffer 1. und 2. unter alleiniger Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, des Rechts zur Gesundheitssorge und des Rechts, Anträge auf Leistung der Jugendhilfe (SGB VIII) zu stellen, auf den Kindesvater, aufgehoben.
Die Kosten der Beschwerde werden unter den Kindeseltern gegeneinander aufgehoben.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 3.000 EUR
II. Der Kindesmutter wird für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ...,..., bewilligt.
Gründe
I. Der beschwerdeführende Kindesvater wendet sich gegen die Entziehung der elterlichen Sorge für seinen am ... 05.2005 geborenen Sohn L.
Die Kindeseltern lernten sich im Mai 2003 kennen und führten in der Folgezeit eine Beziehung, aus der der vorgenannte Sohn und die am ... 09.2009 geborene X. hervorgingen. Sie trennten sich im Dezember 2013 und sind aufgrund einer Sorgerechtserklärung seit Beginn des Jahres 2015 gemeinsam Inhaber der elterlichen Sorge. L. lebt seit dieser Zeit im Haushalt seines Vaters.
Mit Verfügung vom 02.06.2015 eröffnete das AG ein Verfahren zur Prüfung von Maßnahmen nach § 1666 BGB. Die Eltern stritten massiv und in kindeswohlschädlicher Weise über Aufenthalt und Umgang ihres Sohnes, der einen Aufenthalt bei seiner Mutter grundlos ablehne. Mit Verfügung vom 05.08.2015 erweiterte das AG sein Verfahren auf mögliche Maßnahmen in Ansehung der Tochter, die einen Aufenthalt beim Vater grundlos ablehne.
Nach Bestellung eines Verfahrensbeistands, Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens und Anhörung der Kinder hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist (151 ff.), unter Absehen von Maßnahmen bezüglich der Tochter beiden Eltern die elterliche Sorge für L. entzogen und das Jugendamt zu dessen Vormund bestellt. Das Kindeswohl sei gefährdet, da jedes Kind den Umgang mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil ablehne und seine verfestigte Ablehnung ohne therapeutische Hilfe nicht mehr aufgeben könne.
Die Eltern seien zur Abwehr dieser Gefahr außerstande, da die Ablehnungshaltung der Kinder ihre Ursache in einem verbittert und hasserfüllt geführten Elternstreit auf der Paarebene mit zahlreichen Verfahren vor dem AG habe, den die Eltern ihrerseits nicht zu beenden willens oder imstande seien.
Zudem sei das Kindeswohl gefährdet, weil der Vater in Verhaltensauffälligkeiten seines Sohnes wie Schlafstörungen und Verschlechterung schulischer Leistungen keinen Anlass für Veränderungen sehe und ihn zeitlich unzureichend betreue.
Die Kindeswohlgefährdung sei nur abzuwenden, wenn die gegenwärtige Sachlage beendet und den Empfehlungen der Sachverständigen zur Durchführung einer Therapie bei L. und zur Annäherung der Eltern, ggf. mit professioneller Hilfe, gefolgt werde. Zu wünschen wäre es, wenn diese einschneidende Maßnahme auch für beide Elternteile nun das Signal dafür wäre, die eigenen Positionen und Vorstellungen kritisch zu überprüfen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde erstrebt der Vater die Beibehaltung der elterlichen Sorge. Das AG habe eine Gefährdung des Kindeswohls zu Unrecht bejaht und jedenfalls sei die Entziehung der elterlichen Sorge in Ansehung der mit ihr einhergehenden Fremdunterbringung unverhältnismäßig.
Jugendamt, Verfahrensbeistand und Mutter verteidigen den angefochtenen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Korrespondenz im Beschwerderechtszug. Er entscheidet ohne mündliche Verhandlung, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Das AG hat die Beteiligten persönlich angehört und die Berichte und Schreiben des Jugendamtes und des Verfahrensbeistands vom 03.07.2015 (8), 22.07.2015 (24), 21.09.2015 (40, 43), 09.05.2016 (110), 18.11.2016 (234a) und 21.11.2016 (246) vermitteln mit dem familienpsychologischen Gutachten der Diplompsychologin W. (30, Doppelpaginierung) und dem Terminsprotokoll des AG vom 30.08.2016 (145) ein ausreichend verlässliches und vollständiges Bild der Beteiligten; es ist nicht ersichtlich, welche weiteren und besseren Erkenntnisse der Senat durch eine eigene Anhörung gewinnen könnte.
II. Die nach §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.
1. Die Voraussetzungen einer Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB liegen in Ansehung der vom AG insoweit angeführten Verhaltensauffälligkeiten wie Schlafstörungen oder Verschlechterung von schulischen Leistungen schon nicht vor. Für die Schlafstörungen seines Sohnes hat der Vater ein hinreichendes Problembewusstsein, wie sich seinen eigenen Schilderungen über deren Verlauf und Verbesserungen unschwer entnehmen lässt (124). Aus dieser Wahrnehmungsbereitschaft und gerichteten Aufmerksamkeit lässt sich für den Fall einer Verschlecht...