Tenor

Funktionell zuständig ist die - nach näherer Maßgabe des Geschäftsverteilungsplans zur Entscheidung berufene - allgemeine Zivilkammer des Landgerichts Cottbus.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Absonderungsrechte nach §§ 50 Abs. 1, 173 Abs. 1 InsO aus abgetretenem Recht der Sparkasse .... geltend und nimmt den Beklagten auf die Erteilung von Erklärungen über die Gläubigerschaft im Hinblick auf die Guthaben aus zwei Bausparverträgen und aus einem Rentenversicherungsvertrag sowie der Erklärung des Verlustes des Versicherungsscheins zum Rentenversicherungsvertrag in Anspruch.

Die mit der Klage zunächst befasste 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus hat unter dem 7.9.2021 den Rechtsstreit der 1. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus zur Übernahme unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer insolvenzrechtlichen Streitigkeit gemäß § 72a Abs. 1 Nr. 7 GVG vorgelegt. Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus hat eine Übernahme abgelehnt mit der Begründung, dass der Rechtsstreit nicht diesem Sachgebiet zuzuordnen sei. Die Vorsitzende der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus hat unter dem 28.9.2021 die von den Vorsitzenden der Kammern ausgetauschten Aktenvermerke den Parteien zur Stellungnahme binnen zwei Wochen übersandt.

Durch Beschluss vom 24.11.2021 hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus die Sache dem Senat zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.

II. Auf die Vorlage durch die 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus ist die funktionelle Zuständigkeit der allgemeinen Zivilkammer des Landgerichts Cottbus für den vorliegenden Rechtsstreit auszusprechen.

1. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht über den vorliegenden Zuständigkeitsstreit zu entscheiden. Die Regelung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist nach allgemeiner Auffassung auf Fälle wie den vorliegenden, in denen mehrere Spruchkörper desselben Gerichts um ihre Zuständigkeit streiten und die Entscheidung dieses Kompetenzkonflikts nicht von der Auslegung des Geschäftsverteilungsplans, sondern von einer gesetzlichen Zuständigkeitsregelung wie der des § 72a Abs. 1 Nr. 6 GVG abhängt, entsprechend anzuwenden (Senat, Beschluss vom 17.5.2021, 1 AR 20/21 (SA Z); BayObLG, Beschluss vom 15.9.2020, 101 AR 99/20, zitiert nach juris; KG, Beschluss vom 22.3.2018, 2 AR 11/18, zitiert nach juris; OLG Nürnberg, MDR 2018, 1015, 1016; OLG Hamburg, Beschluss vom 12.10.2018, 6 AR 17/18, zitiert nach juris; Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Aufl., § 36 Rn. 39; MünchKomm./Patzina, ZPO, 6. Aufl. § 36 Rn. 6; jeweils m. w. N.).

2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl die 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus als auch die 1. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus haben sich im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt, und zwar Erstere durch die am 7.9.2021 verfügte Vorlage der Sache an die 1. Zivilkammer und Letztere durch die am 16.9.2021 verfügte Ablehnung der Übernahme des Rechtsstreits. Beide Entscheidungen genügen den Anforderungen, die an das Merkmal "rechtskräftig" im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es dafür allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekannt gemachte beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (statt vieler: Senat NJW 2004, 780; Zöller/Schultzky, a.a.O., § 36, Rn. 34 f.), was nach der Verfügung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 28.9.2021 der Fall ist.

3. Durch die Verfügung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 28.9.2021 ist den Parteien - im Ergebnis - auch ein hinreichendes rechtliches Gehör zur Frage des bestehens einer Zuständigkeit nach § 72a Abs. 1 Nr. 7 GVG gewährt worden.

4 Die Verfügung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 7.9.2021 hat nicht zu einer Bindungswirkung geführt, da auf Abgaben und Verweisungen im Zusammenhang mit § 72a GVG die Vorschriften des § 281 ZPO weder direkt noch analog anwendbar sind und eine dem § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entsprechende Vorschrift fehlt (Senat, Beschluss vom 22.12.2021, 1 AR 44/21 (SA Z); KG, Beschluss vom 15.3.2021, 2 AR 11/21, zitiert nach juris; OLG München, Beschluss vom 7.2.2019, 34 AR 114/18, zitiert nach juris; OLG Hamburg, Beschluss vom 6.8.2018, 6 AR 10/18, zitiert nach juris; Zöller,/Greger, a.a.O., § 281, Rn. 4).

5. Funktionell zuständig ist die allgemeine Zivilkammer des Landgerichts, da entgegen der Ansicht der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus keine insolvenzrechtliche Streitigkeit nach § 72a Abs. 1 Nr. 7 GVG vorliegt.

Der Begriff der insolvenzrechtlichen Streitigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist an der Regelung in Art. 6 Abs. 1 EuInsVO auszurichten (BT-Drucks. 19/13828, 22 f.; Zöller/Lückemann, a.a.O., § 72a GVG, Rn. 10). Art. 6 Abs. 1 EuInsVO bestimmt die internationale Zuständigkeit für Klagen, die unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgehen oder in einem engen Zusammenhang damit stehen, wofür in der Vorschrift beispielhaft Anfechtungsklagen genannt werden. Absonderungsklagen stellen - jedenfalls dann...

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