Normenkette

ZPO § 620 ff.

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 13.01.2003; Aktenzeichen 16 F 181/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Der Beschwerdewert beträgt 3.132 Euro.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde gemäß § 620c ZPO ist das statthafte Rechtsmittel. Es handelt sich bei der angefochtenen Entscheidung um eine vorläufige, nicht aber um eine endgültige Entscheidung, die gemäß § 621e ZPO mit der befristeten Beschwerde anzugreifen wäre. Zwar lässt sich weder dem Rubrum noch dem zur ehelichen Wohnung in Ziff. 1 des Tenors des Beschlusses ein Hinweis auf die Vorläufigkeit der Regelung entnehmen. Jedoch hat das AG über den Antrag des Antragstellers vom 15.11.2002, mit dem er den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Ehewohnung begehrt hat, entschieden. Die durch den Antragsteller allein angefochtene Entscheidung zur Nutzungsentschädigung ist ausweislich des Tenors befristet bis zur Rechtskraft der Ehescheidung. Eine Entscheidung über die Verteilung der Kosten hat das AG nicht gefasst; der im Tenor zu den Kosten getroffene Ausspruch „die Kosten folgen der Hauptsache” entspricht der gesetzlichen Regelung des § 620g ZPO. Diese Umstände lassen in ihrem Zusammenhang erkennen, dass das AG lediglich eine vorläufige Regelung im Rahmen der §§ 620 ff. ZPO getroffen hat.

Die sofortige Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, da die isolierte Anfechtung der getroffenen Nutzungsentschädigungsregelung im angefochtenen Beschluss gemäß § 620c Satz 2 ZPO unanfechtbar ist.

Einstweilige Anordnungen nach den 620 ff. ZPO sind grundsätzlich unanfechtbar. So ist in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen über Rechtsmittel und -behelfe der ZPO eine Anfechtbarkeit nur gegen solche Entscheidungen des AG eröffnet, die auf Grund mündlicher Verhandlung getroffen worden sind, vgl. § 620 c Satz 1 ZPO; in allen anderen Fällen ist lediglich ein Antrag gemäß § 620b Abs. 2 ZPO auf mündliche Verhandlung des erstinstanzlichen Gerichts zulässig. Aber auch hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes schränkt das Gesetz die Anfechtbarkeit stark ein. Nur gegen besonders bedeutsame und in die Lebensstellung eingreifende Entscheidungen über die elterliche Sorge für ein gemeinschaftliches Kind, die Herausgabe des Kindes oder eine Zuweisung der Ehewohnung sieht § 620c Satz 1 ZPO die Beschwerdemöglichkeit vor. Diese weitgehende Beschränkung der Anfechtung soll der zügigen Erledigung des Eheverfahrens dienen und Verzögerungen verhindern, die durch das Hin- und Hersenden der Akten zwischen dem FamG und dem Beschwerdegericht entstehen können (OLG Brandenburg, FPR 2002, 23 [24]; OLG Bamberg v. 20.1.1993 – 2 WF 163/92, FamRZ 1993, 1338 [1339]). Die Regelung des § 620c ZPO ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG NJW 1980, 386).

Nach § 620c Satz 1 ZPO alter, das heißt in der vor dem 1.1.2002 gültigen Fassung, war die sofortige Beschwerde bei Ehewohnungssachen betreffenden einstweiligen Anordnungen nur insoweit statthaft, als die Ehewohnung einem Ehegatten ganz zugewiesen wurde. Gemäß der zu § 620c Satz 1 ZPO a.F. h.M. in Rspr. und Lit. waren damit Nebenentscheidungen zur Ehewohnung, wie z.B. Räumungsfristen, mit der sofortigen Beschwerde nicht isoliert anfechtbar, soweit nicht gegen die Zuweisung der Ehewohnung insgesamt vorgegangen wurde (vgl. nur Klein in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 3. Aufl. 2001, 8. Kap., Rz. 284; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl. 2001, § 620c Rz. 4).

Hieran hat nach der Auffassung des Senates auch die seit dem 1.1.2002 geltende, auf dem Gewaltschutzgesetz beruhende Neufassung des § 620c Satz 1 ZPO nichts geändert. Auf Grund der gesetzlichen Neuregelung des § 620c Satz 1 ZPO sind nunmehr Entscheidungen über einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung anfechtbar. Mit der nunmehr erweiterten Fassung des Gesetzes wird aber nicht die Anfechtungsmöglichkeit für jegliche auf einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung durch das Gericht getroffenen Entscheidungen eröffnet (so aber Finger in MünchKomm/ZPO, Ergänzungsband zur ZPO-Reform, 2002, § 620c Rz. 2, Musielak/Borth, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 620c Rz. 5; Klein in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 4, Aufl. 2003, 8. Kap. Rz. 281, 283 f.; wohl auch Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2003, § 620c Rz. 6a), insb. nicht auch bezüglich einer Entscheidung über eine Nutzungsentschädigung (so aber ausdrücklich Ebert, Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen, 2002, Rz. 80).

Eine derart weitgehende Auslegung widerspricht schon der bereits dargestellten gesetzgeberischen Systematik, die Anfechtbarkeit von einstweiligen Anordnungen nach 620 ff. ZPO nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zuzulassen.

Zum anderen widerspricht sie auch der gesetzgeberischen Absicht, die zu der Änderung des § 620c ZPO seit dem 1.1.2002 geführt hat. Es entsprach einer allgemeinen rechtspolitischen Forderung zu § 620c Satz 1 ZPO a.F., dass die Anfechtbarkeit zumindest au...

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