Normenkette

BGB § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 437 Nr. 2, § 439 Abs. 1 Alt. 1, § 440 S. 1

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19.03.2018, Az. 12 O 29/16, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil und das vorgenannte Urteil des Landgerichts Potsdam sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

(abgekürzt nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

I. Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages vom 26.06.2015, mit dem er von dem Beklagten den streitgegenständlichen ... als Gebrauchtwagen mit Erstzulassungsdatum vom 09.12.2003 und einer Kilometerlaufleistung von 123.000 km für den Kaufpreis von 5.500 EUR erwarb. Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II. Die Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Für den wesentlichen Inhalt der Entscheidungsgründe wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 2 Fall 2 ZPO auf die protokollierten Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2019 vorab Bezug genommen. Ergänzend wird das Folgende ausgeführt:

a) Der Kläger hat nach mehrmals fehlgeschlagener und vom Beklagten zuletzt nur noch gegen anteilige Kostenübernahme zugesagter weiterer Nachbesserung zu Recht den Rücktritt von dem Kaufvertrag über das streitgegenständliche Kraftfahrzeug erklärt (§§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 439 Abs. 1 Fall 1, 440 Satz 1 und 2, 323 Abs. 1, 326 Abs. 5 BGB), so dass der Beklagte einem Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages ausgesetzt ist; er schuldet die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich des vom Kläger konkludent aufgerechneten Nutzungswertersatzes (vgl. Sitzungsniederschrift vom 26.02.2018, S. 1; Bl. 160 d.A.) Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Kraftfahrzeuges (§§ 346 Abs. 1, 348 Satz 1 BGB).

aa) Zum Zeitpunkt der Übergabe war der streitgegenständliche Personenkraftwagen mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Danach ist eine gekaufte Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Diese Voraussetzungen waren hier nicht erfüllt, auch wenn der Kläger das Fahrzeug nach dem Erwerb noch vorübergehend nutzen konnte. Indem das Fahrzeug unstreitig schon innerhalb des ersten Monats einen mangelhaften Zustand aufgewiesen hat, greift zu seinen Gunsten die Beweislastregel des § 477 BGB. Danach muss der Käufer beim Verbrauchsgüterkauf zunächst lediglich beweisen, dass binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand aufgetreten ist; gelingt ihm dieser Beweis oder ist der später aufgetretene Mangel als solcher - wie im Streitfall - unstreitig, greift die Vermutung des § 477 BGB ein, wonach dieser Mangel zumindest im Ansatz schon im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat (vgl. BGH, Urteile vom 12.10.2016 - VIII ZR 103/15, juris Rn. 36 und 46 und vom 15.01.2014 - VIII ZR 70/13, juris Rn. 20).

bb) Diese Vermutung zu widerlegen ist dem Beklagten als Verkäufer nach den - von der Berufung insofern nicht konkret angegriffenen und im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch nicht zu beanstandenden - Feststellungen des Landgerichts nicht gelungen. Nach der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist das Landgericht auf Grundlage der gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen ... vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass die mangelhafte Steuerkette des Fahrzeugs bereits bei dessen Erwerb gelängt und damit ersetzungsreif war. Einen dafür verantwortlichen Mangel an einem anderen - etwaig verschleißgeneigten - Bauteil hat der Sachverständige nicht festgestellt (vgl. Gutachten vom 06.07.2017, S. 7; Bl. 107 f. d.A.). Dass die von dem Sachverständigen festgestellte regelwidrige Längung der Steuerkette allein in der von dem Kläger zurückgelegten Fahrzeit entstanden ist, in der er weniger als 3 % der Gesamtlaufleistung zurückgelegt hat, ist nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit auszuschließen (vgl. Gutachten vom 06.07.2017, S. 8 f.; Bl. 107 f. d.A.).

cc) Soweit demgegenüber der Beklagte meint, die von dem Sachverständigen festgestellte Längung der Steuerkette beruhe allein auf einem für dieses Bauteil typischen Verschleiß, der im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als für das streitbefangene Fahrzeug altersangemessen anzusehen sei, ist dem nicht zu folgen.

(1) Zutreffend ist zwar, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einem Gebrauchtwagen, sofern keine besonderen Umstände gegeben sind, jedenfalls der normale alters- und gebrauchsbedingte Verschleiß üblich und hinzunehmen ist, wobei die übliche Beschaff...

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