Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 27.11.2014; Aktenzeichen 14 O 298/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.11.2014 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt (Oder) - 14 O 298/13 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 9.682,52 EUR nebst Zinsen mit der Begründung in Anspruch, er habe den - grundpfandrechtlich gesicherten - Darlehensvertrag vom 29.12.2005 wirksam mit anwaltlichem Schreiben vom 5.6.2013 widerrufen können, weil er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei.
Die Beklagte wandte gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen ein, die verwendete Widerrufsbelehrung sei inhaltlich nicht zu beanstanden und entspreche überdies dem seinerzeit gültigen Muster nach der BGB-InfoV. Jedenfalls stünde der Ausübung des Widerrufsrechts der Einwand der Verwirkung entgegen, denn der Kläger habe in Kenntnis der grundsätzlichen Widerruflichkeit das Darlehen über einen Zeitraum von 7 1/2 Jahren bedient und auf eigenen Wunsch im Jahre 2013 insgesamt zurückgeführt; der auf eine bloße Formalie gestützte Widerruf sei rechtsmissbräuchlich, denn er diene lediglich dazu, sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.
Zudem stelle der am 21.1./12.2.2013 geschlossene Aufhebungsvertrag (Anlage B 1, Bl. 74 d.A.) einen eigenständigen Rechtsgrund für die Vorfälligkeitsentschädigung dar.
Die Widerrufsbelehrung lautet wie folgt:
"Widerrufsbelehrung zu1 Darlehensvertrag vom (...)
Widerrufsrecht
Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2
ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:
(Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse)
Sparkasse...
(...)
Widerrufsfolgen
(...)
Finanzierte Geschäfte
(...)
Ort, Datum Unterschrift des Verbrauchers"
Unterhalb der Unterschriftzeile befanden sich die folgenden Fußnoten:
"1 Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom ...
2 Bitte Frist im Einzelfall prüfen"
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das LG hat durch das angefochtene Urteil der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat es - unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 17.10.2012 - 4 U 194/11 - und höchstrichterliche Entscheidungen - ausgeführt, dem Kläger stehe gemäß den §§ 346, 355, 357 BGB ein Anspruch auf Zahlung von 9.682,52 EUR zu. Der Kläger habe seine zum Abschluss des Darlehensvertrages führende Willenserklärung mit Schreiben vom 5.6.2013 widerrufen können, weil die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen habe. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV berufen, denn die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung entspreche der Musterbelehrung nicht in jeder Hinsicht. Bereits die hinzugesetzten Fußnoten und der Klammerzusatz im ersten Absatz der Belehrung stellten eigene Bearbeitungen der Musterbelehrung dar, die unabhängig vom konkreten Umfang dieser Änderungen schädlich seien.
Der Widerruf gehe auch nicht mit Blick auf die zuvor geschlossene Aufhebungsvereinbarung ins Leere. Diese Vereinbarung könne nicht dahin ausgelegt werden, dass sich der Kläger unabhängig von der Wirksamkeit des Darlehensvertrages zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung habe verpflichten wollen. Überdies stelle eine derartige Vereinbarung lediglich eine Modifizierung des Vertragsumfangs ohne Reduzierung des Leistungsumfangs dar und lasse den ursprünglichen Darlehensvertrag einschließlich des Widerrufsrechts unberührt.
Rechtsmissbrauch oder Verwirkung - diesbezüglich fehle es bereits am Umstandsmoment, denn die Beklagte habe die Widerrufssituation selbst herbeigeführt - lägen nicht vor.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt.
Die angefochtene Entscheidung beschränke sich auf ein Zitat der Entscheidung des auch nunmehr zuständigen Zivilsenats, ohne eigene rechtliche Erwägungen anzustellen. Ihr allein wegen der hinzugesetzten Fußnoten und des Klammerzusatzes die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV zu versagen, gehe selbst unter Berücksichtigung der streng formalistischen Sichtweise des BGH in vergleichbaren Fällen zu weit. Die Kontaktdaten der Widerrufsempfängerin hätten nicht in dem Muster enthalten sein können, seien mithin hinzuzusetzen, ohne dass hierin eine eigene inhaltliche Bearbeitung zu sehen sei. Die Fußnoten 1 + 2 seien nicht Gegenstand der Belehrung s...