Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 18.11.2009; Aktenzeichen 11 O 379/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.11.2009 - 11 O 379/09 - wie folgt abgeändert:

Der Verfügungsbeklagte wird verpflichtet, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, in Bezug auf die journalistische Tätigkeit des Verfügungsklägers wörtlich oder sinngemäß zu behaupten oder behaupten zu lassen bzw. zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:

"...Mein Angebot, die Dinge aus Sicht der ...Partei darzustellen, wurde leider aber scheinbar bewusst ausgeschlagen....",

wenn dies geschieht wie in der Anzeige der ... in der Zeitung "...", Ausgabe ... vom ..., ....

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungsbeklagte.

Das Urteil ist vollstreckbar.

Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens: 7.500,00 €.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313 a Abs. 1 Satz 1, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Verfügungsklägers ist auch in der Sache begründet.

Die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht ist formgerecht gemäß § 569 ZPO erfolgt. Auf den Meinungsstreit, ob die Einlegung der sofortigen Beschwerde dem Anwaltszwang unterliegt oder nicht (vgl. zum Streitstand Urteil des OLG Celle vom 22.01.2009, 13 W 135/08 zitiert nach Juris) kommt es hier nicht an, da der Verfügungskläger die Beschwerde vertreten durch einen Rechtsanwalt eingelegt hat.

Der Verfügungskläger hat einen Anspruch analog § 1004 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB gegen den Verfügungsbeklagten auf Unterlassen der Äußerung, der Verfügungskläger habe ein Angebot, einen politisch umstrittenen Sachverhalt aus Sicht der ...Partei darzustellen bewusst ausgeschlagen, hinreichend glaubhaft gemacht. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei der streitgegenständlichen Äußerung nicht um eine Meinungsäußerung, sondern um eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung, deren Wahrheit der Verfügungsbeklagte nicht glaubhaft gemacht hat.

Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung einzustufen ist, hängt entscheidend davon ab, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. BGH NJW 1993, S. 931). Während eine Tatsachenbehauptung als "wahr" oder "unwahr" erwiesen werden kann, enthält eine Meinungsäußerung ein Werturteil, das nicht als "wahr" oder "unwahr" sondern als "richtig" oder "falsch", als "zutreffend" oder "unzutreffend" bewertet werden, das geteilt oder abgelehnt werden kann. Die Meinungsäußerung ist durch die Elemente des Meinens und Dafürhaltens, der subjektiven Einschätzung des Mitteilenden, geprägt (vgl. BVerfG, NJW 1992, S. 1439, 1440 f.). Im Hinblick auf die Bedeutung der Grundrechte der Pressefreiheit und der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG) für das freiheitlich-demokratische Gemeinwesen ist die Äußerung stets im Gesamtzusammenhang zu würdigen. Bei Vermengung von Tatsachenbehauptungen und Werturteilen handelt es sich insgesamt um eine grundrechtlich geschützte Meinungsäußerung, wenn der tatsächliche Gehalt substanzarm ist und gegenüber der subjektiven Wertung des Mitteilenden in den Hintergrund tritt (BVerfG, aaO.). Der Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 1 GG darf nicht dadurch verkürzt werden, dass Äußerungen im Zweifel als Tatsachenbehauptung angesehen werden und die Möglichkeit ihrer Würdigung als Werturteil nicht hinreichend berücksichtigt oder gar außer Betracht gelassen wird; anderenfalls bestünde die Gefahr, dass die Bereitschaft, die eigene Meinung frei zu äußern, durch die Sorge vor juristischen Sanktionen unangemessen beeinträchtigt wird (vgl. Senat, NJW 1999, S. 3339). Eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich jedoch dann als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (vgl. BGH NJW 1992, S. 1314, 1316). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im Streitfall von einer Tatsachenbehauptung auszugehen. Der in Rede stehenden Äußerung liegt nämlich ein auf den Wahrheitsgehalt hin überprüfbarer Tatsachenkern zu Grunde. Die Absicht des Verfügungsbeklagten insoweit lediglich eine Meinung bekunden zu wollen, weil aus seiner Sicht eine objektive Berichterstattung in der Angelegenheit "Rückgängigmachung der Direktwahl ..." fehlte, tritt demgegenüber zurück. Denn die Äußerung, der Verfügungsbeklagte habe ein Angebot, die Dinge aus Sicht der ...Partei darzustellen, ausgeschlagen, enthält einen nachprüfbaren Tatsachenkern. Die Frage, ob der Verfügungsbeklagte ein konkretes Gesprächsangebot ausgeschlagen hat ist eine Tatsache, auch wenn di...

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