Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherung: Darlegungs- und Beweislast des Versicherungsnehmers bzw. des Versicherers im Zusammenhang mit einer posttraumatischen Belastungsstörung
Normenkette
VVG § 179; AUB Ziff. 5; BGB § 305c Abs. 2, § 307
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 21.02.2014; Aktenzeichen 11 O 10/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers zu 1. gegen das am 21.2.2014 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Frankfurt/O., Az. 11 O 10/12, wird als unzulässig verworfen.
Die Berufung der Klägerin zu 2. wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil des Senats sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags erbringt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 264.150 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger begehren von der Beklagten Leistungen aus einer Unfallversicherung aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung, die der Kläger infolge eines gewaltsamen Übergriffs erlitten hat.
Die Klägerin unterhält bei der V. Versicherung, einem Unternehmen der Beklagten, seit 1997 eine Unfallversicherung zur Versicherungsscheinnummer ... Der Kläger ist Mitversicherter aus dem Vertragsverhältnis, das eine Invaliditätssumme i.H.v. 61.000 EUR, eine Progression von 400 %, ab einer Invalidität von 50 % eine monatliche Unfallrente von 325 EUR und eine einmalige Zusatzleistung i.H.v. 3.250 EUR bei Vorliegen der vorbenannten Invalidität vorsieht. Die Beklagte teilte der Klägerin unter dem 8.5.2010 mit, dass sie den Versicherungsschutz erhöhe. Aus dem dem Schreiben beiliegenden Nachtrag zum Versicherungsschein ergibt sich eine Leistung bei Vollinvalidität i.H.v. 244.000 EUR. In den Vertrag waren die für die Unfallversicherung geltenden Bedingungen der Klägerin (AUB 2006) einbezogen, deren Ziff. 5.2.1 unter der zu Ziff. 5 geltenden Überschrift "In welchen Fällen ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen?" wie folgt lautet:
"Schäden an Bandscheiben sowie Blutungen aus inneren Organen und Gehirnblutungen.
Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn ein unter diesen Vertrag fallendes Unfallereignis nach Ziff. 1.3 die überwiegende Ursache ist."
Ziff. 5.2.6 lautet wie folgt:
"Krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch einen Unfall verursacht wurden".
Der Kläger arbeitete am 15.4.2011 in H. als Montagearbeiter. Er übernachtete an jenem Tag wie sonst auch in seinem Wohnwagen auf dem Gelände der ehemaligen Gaststätte "M.". Gegen 23:00 Uhr klopfte der vormalige Pächter J. K. an die Tür des Wohnmobils. Er war in Begleitung eines unbekannten Dritten und forderte den Kläger auf, ihm Geld für den Standplatz zu geben. Als der Kläger eine Zahlung verweigerte, griff K ... ihn an. Er versetzte ihm eine "Kopfnuss", schlug ihm mehrfach mit der Faust ins Gesicht und würgte ihn. Nachdem es beiden Tätern nicht gelang, den Kläger aus dem Wohnmobil zu ziehen, ließen sie von ihm ab. Der Kläger reinigte sich und verbrachte die Nacht im Wohnmobil. Am nächsten Tag suchte er seine Arbeitsstelle auf. Kollegen benachrichtigten die Polizei. Der Kläger begab sich nach Hause. Sein Schwiegersohn brachte ihn in die Rettungsstelle des Krankenhauses B., wo u.a. eine Platzwunde an der Oberlippe, multiple Prellungen und Schürfungen, Schädelprellungen sowie zunehmende Sprechstörungen, Sehstörungen und Denkaussetzer diagnostiziert wurden. Es erfolgte eine Erstversorgung ohne Veranlassung bildgebender Maßnahmen.
Das E. Krankenhaus ... in B. erstellte unter dem 16.4.2011 einen Bericht, in dem als Diagnose "Platzwunde Oberlippe, multiple Prellungen und Schürfwunden" angegeben ist. Die behandelnden Ärzte empfahlen zur Behandlung der Verletzungen lokales Kühlen und körperliche Schonung übers Wochenende.
Der Kläger suchte am 19.4.2011 seinen Hausarzt Dr. H. auf, der feststellte, dass dem Patienten klare Flüssigkeit aus der Nase lief. Der Hausarzt äußerte den Verdacht eines Hirnwasserverlustes. Er überwies den Kläger an den Neurologen Dr. W., der ihn am 20.4.2011 zum Röntgen überwies. Nach Erstellen von Röntgenaufnahmen wurde der Kläger an den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Ho. verwiesen, der ihn am 21.4.2011 an die Rettungsstelle des F.-Krankenhauses E. überwies. Im Anschluss hieran untersuchte ihn erneut Dr. W.
Der Kläger erlitt 14 Tage nach dem Überfall einen Schlaganfall. Er war seit dem Schadensereignis mehrfach teil- und vollstationär wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in ärztlicher Behandlung. Im Zeitraum vom 29.4.2011 bis zum 4.5.2011 war er stationär im G ... Krankenhaus wegen eines Arteria-carotis-interna-Syndroms (halbseitig), also eines Schlagfalls, in Behandlung, der sich binnen 24 Stunden vollständig rückgebildet hatte.
Der Kläger übermittelte der Beklagte...