Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments

 

Normenkette

BGB § 2270 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 09.03.2012)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des LG Potsdam vom 9.3.2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 17.6.2011 abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 37.000 EUR, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zustimmung zur Übertragung und Auflassung des Grundstücks. straße 8 in S., eingetragen im Grundbuch des AG Potsdam von S. Blatt 857, auf den Kläger in Anspruch. Die Beklagte erhebt widerklagend einen Zahlungsanspruch, den sie in der ersten Instanz mit 87.821 EUR und im Berufungsverfahren, nach Berufungsrücknahme im Übrigen, mit 36.291 EUR beziffert hat, zahlbar Zug um Zug gegen Zustimmung zur Übertragung und Auflassung des vorgenannten Grundstücks.

Die Parteien sind Geschwister und Nachkommen des am 18.6.2009 verstorbenen R. B. (im Folgenden Erblasser). Dieser hatte am 29.1.1998 gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Mutter der Parteien, Frau E. B., ein notariell beurkundetes Testament errichtet, mit dem sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen, uneingeschränkten Erben eingesetzt und als Erben des Letztlebenden ihre zum damaligen Zeitpunkt drei noch lebenden Kinder - neben den Parteien noch den am 16.5.2003 ohne Nachkommen verstorbenen K. B. - "gleichanteilig" bestimmt hatten. In Ziff. III des Testaments wurde der Letztlebende ermächtigt, "hinsichtlich des etwa zum Nachlass gehörenden Grundbesitzes von diesem Testament abweichende Regelungen zu treffen". Die Ehefrau des Erblassers verstarb am 30.1.1998.

Mit notariellem Vertrag vom 16.4.1999 übertrug der Erblasser ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück gelegen am R. weg in S. im Wege einer Schenkung auf die Beklagte. Gemäß Ziff. III. 3. dieses Vertrages hatte die Beklagte sich den Wert des übertragenen Grundbesitzes auf ihren späteren Erb- oder Pflichtteil anrechnen zu lassen.

Unter dem 25.10.2000 errichtete der Erblasser ein weiteres privatschriftliches Testament. In diesem traf er u.a. folgende Regelungen:

"G. T., geb. B. hat ihr Erbe in Form eines Grundstücks im R. weg 4, S. erhalten.

Über das Haus + Grundstück soll O. B. verfügen, das in der ... str. 8.

G. T., geb. B. hat an das Grundstück mit Haus in der ... str. 8 keinen weiteren Anspruch.

Um K. B., geb. 25.3.1953, der z. Zeit sehr krank ist, nicht leer ausgehen zu lassen, möchte ich, dass er von O. B. monatlich 500 DM (fünfhundert) als Ausgleich erhält ..."

Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 14.12.2010 einen Erbschein erteilt, wonach die Parteien je zur Hälfte Erben des R. B. sind.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne, ohne zu einem Ausgleich verpflichtet zu sein, von der Beklagten die Zustimmung zu Übertragung des Eigentums an dem Grundstück ... str. 8 auf ihn verlangen. Dabei komme es nicht darauf an, ob er aufgrund des Testaments vom 25.10.2000 Alleinerbe nach dem verstorbenen Erblasser geworden sei oder Vermächtnisnehmer.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, bei den Regelungen in dem Testament vom 25.10.2000 handele es sich um eine bloße Teilungsanordnung. Mit der Zuwendung des Grundstücks an den Kläger habe der Erblasser diesen nicht bevorteilen, sondern die Geschwister vielmehr gleichstellen wollen. Eine Gleichstellung werde jedoch nur durch einen Wertausgleich herbeigeführt, da das Grundstück ... straße 8 mindestens 200.000 EUR wert sei, während für das auf Seiten der Beklagten auf ihr Erbe anzurechnende Grundstück R. allenfalls ein Wert von 62.000 in Ansatz gebracht werden könne. Jedenfalls stehe ihr ein Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil zu.

Der erstinstanzlich weiter gehende Streit der Parteien über Auskunftsansprüche der Beklagten, den Wert des sonstigen Nachlasses des Erblassers, insbesondere des Inventars des Hauses. str. 8, sowie weiter gehende Zahlungsansprüche der Beklagten sind nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Das LG hat der Klage - unter Aufrechterhaltung eines entsprechenden Versäumnisurteils vom 17.6.2011 - stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, das Testament des Erblassers vom 25.10.2000 sei als Erbeinsetzung auszulegen, da er damit über seinen einzigen wesentlichen Vermögensgegenstand, das Grundstück in der ... str., verfügt habe. Dem stehe das gemeinschaftliche Testament vom 29.1.1998 nicht entgegen. Da die Grundstücke den wesentlichen abschließenden Wert...

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