Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 19.11.2012; Aktenzeichen 11 O 307/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 19.12.2012 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Frankfurt/O. - Aktenzeichen 11 O 307/11 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung eines durch vorangegangene Kündigung beendeten Lebensversicherungsvertrags.
Der Kläger schloss bei der Beklagten (damals handelnd unter C. Lebensversicherung AG) im Jahr 1997 einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung zur Vertragsnummer 19039251 001. Der Vertragsschluss mit einem Vertragsbeginn zum 1.9.1997 erfolgte nach dem sog. Policenmodell, wonach der Versicherungsnehmer Vertragsunterlagen - hier Policenbegleitschreiben, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformation - nicht bei Antragstellung, sondern erst bei Übersendung des Versicherungsscheins erhält. Im Versicherungsschein erfolgte eine Auflistung der Vertragsgrundlagen, hinsichtlich derer auf den Inhalt des Versicherungsscheins vom 12.8.1997 Bezug genommen wird (Anlage K1, Blatt 20-24 der Akten).
§ 3 der Allgemeinen Bedingungen für die Kapital-Lebensversicherung der Beklagten enthält unter der Überschrift "§ 3 Können Sie dem Versicherungsvertrag widersprechen?" folgenden Passus:
"Sie können dem Versicherungsvertrag innerhalb einer Frist von 14 Tagen schriftlich widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. Die Frist beginnt, wenn Ihnen sämtliche Vertragsunterlagen zugegangen sind.".
Das Policenbegleitanschreiben der Beklagten vom 12.8.1997, auf dessen Inhalt wegen weiterer Einzelheiten verwiesen wird (Anlage K3, Blatt 29 der Akten), enthält im letzten von sechs Absätzen folgenden, im Fettdruck dargestellten Inhalt:
"Sie haben das Recht, dem Versicherungsvertrag innerhalb von 14 Tagen schriftlich zu widersprechen. Die Frist beginnt mit dem Zugang dieses Schreibens, mit dem Sie die für Ihren Versicherungsvertrag geltenden Bedingungen und die dazugehörige Verbraucherinformation - soweit Ihnen diese nicht bereits bei Antragstellung ausgehändigt worden ist - erhalten. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."
Seit Vertragsbeginn am 1.9.1997 bis zum 31.7.2006 leistete der Kläger die vereinbarten Prämienzahlungen in Gesamthöhe von 8.361,50 EUR.
Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 16.3.2006 die Kündigung des Vertrags zum 1.8.2006. Die Kündigung erfolgte, weil der Kläger finanzielle Mittel für den Umbau seines Hauses benötigte. Die Beklagte zahlte dem Kläger daraufhin einen ermittelten Rückkaufswert i.H.v. 5.844 EUR aus.
Der Kläger erklärte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 15.7.2011 den Widerspruch und Widerruf des Vertrags, da das Policenmodell europarechtswidrig sei. Er forderte die Beklagte vergeblich auf, ihm sämtliche geleisteten Prämien verzinslich zurückzuzahlen.
Der Kläger hat gemeint, ihm stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrags und verzinsliche Rückzahlung geleisteter Prämien zu, nachdem er dem Vertrag wirksam widersprochen habe. Er habe der Beklagten ohne Rechtsgrundlage Kapital zur Nutzung überlassen. Sein Widerspruchsrecht habe aufgrund einer fehlerhaften Widerspruchbelehrung und der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2, Satz 4 VVG a.F. unbefristet fortbestanden. Die Norm müsse richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass die darin genannte Befristung im Verhältnis zwischen den Parteien keine Wirkung entfalte.
Der Versicherungsvertrag sei bereits nicht wirksam zustande gekommen, weil der Vertragsschluss nach dem Policenmodell gem. § 5a VVG der bei Vertragsschluss geltenden Fassung gegen Europarecht verstoße. Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer die Vertragsbedingungen erst mit der Annahmeerklärung der Versicherung erhalte, führe dazu, dass er eine Auswahlentscheidung ohne Vorlage von Unterlagen führen müsse und er diese nach Erhalt nicht mehr genau studieren könne. Nach den verbraucherschutzpolitischen Vorgaben des "Informationsmodells" müsse der Versicherungsnehmer aber schon bei Abgabe seiner Willenserklärung in verständiger Weise angemessen aufgeklärt sein, um wirtschaftlich rational handeln zu können. Daher habe der Rat der Europäischen Gemeinschaften in den Richtlinien 90/619/EWG und 92/96/EWG (Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung) beschlossen, dass Versicherer verpflichtet seien, den Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrags und damit vor Abgabe einer bindenden Willenserklärung aufzuklären. Eine Auslegung dieser Richtlinie könne nicht allein nach Maßgabe nationalen Rechts erfolgen, da das mit den Richtlinien verfolgte Harmonisierungsziel damit nicht eingehalten werden könne. Gemäß Art. 4 EGGVG müsse auf den Vertrag aus dem Jahr 1997 das damals geltende Recht für die Widerrufsvoraussetzungen angewendet werden.
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