Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Oktober 2021 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus, Az.: 11 O 3/20, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei das einzelne Ordnungsgeld den Betrag von 250.000,00 EUR und die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf und an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, verurteilt, es zu unterlassen,
geschäftlich handelnd bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken Preise zu bewerben, anzukündigen und/oder zu gewähren, die durch die Gewährung von Skonti unter Berücksichtigung der gesetzlichen Umsatzsteuer zu Bruttopreisen führen, die unter dem Wert liegen, der sich ergibt aus dem einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für dieses Arzneimittel zzgl. eines Festzuschlages von 0,70 EUR sowie der Umsatzsteuer,
insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend mit Bezug auf das Präparat "A..." in der Packungsgröße 5 × 3 ml ersichtlich:
Preisliste
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 299,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.03.2020 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist, soweit es aufrechterhalten worden ist, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung hinsichtlich der Unterlassung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 EUR abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen wird beiden Parteien nachgelassen, die Vollstreckung des jeweiligen Gegners gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht dieser vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, dem u.a. der Bundesapothekerverband, mehrere Landesapothekerverbände, Einzelapotheken und pharmazeutische Unternehmen angehören. Er nimmt die Beklagte, einen Parallel- und Reimporteur von Arzneimitteln, auf Unterlassung vorgeblich unlauteren Handelns im Wettbewerb sowie auf Erstattung einer Kostenpauschale für eine Abmahnung in Höhe von 299,60 EUR in Anspruch.
Die Beklagte vertreibt in Deutschland als verantwortliche pharmazeutische Unternehmerin im Direktvertrieb gegenüber Apotheken insbesondere hochpreisige Arzneimittel. Grundlage ihrer Tätigkeit ist eine Preisliste, in der die angebotenen Präparate in alphabetischer Reihenfolge mit den darin enthaltenen Wirkstoffen und den jeweils aufgerufenen (Netto-)Preisen aufgeführt werden, wie aus Anlage K1 (Bl. 17ff. GA) ersichtlich. Die dort aufgeführten Preise stellt die Beklagte gegenüber den Apotheken zuzüglich der Umsatzsteuer in Rechnung, wobei sie ein Zahlungsziel von 30 Tagen einräumt.
Streitgegenständlich ist die Preisliste mit Stand 15.07.2019, die für die angebotenen Arzneimittel neben dem Namen des angebotenen Präparats, der Packungsgröße und weiteren Angaben zum Produkt den "AEP", einen ggf. auf das Produkt gewährten Rabatt in Prozent, den "Preis öff. Apotheke", einen Betrag "14 Tage Valuta" und eine Angabe zum Skonto in Prozent auswies, wie beispielhaft für das verschreibungspflichtige Präparat A... ersichtlich:
Präparat/Wirkstoff |
PZN |
Stärke |
DRF |
Pck. größe |
AEP |
Rabatt |
Preis öff. Apotheke |
14 Tage Valuta |
Skonto |
A... Insulin glargin |
11886828 |
100E(ml |
PEN |
5x3ml |
48,66 EUR |
3,04 % |
47,20 EUR |
45,78 EUR |
3% |
Dabei bezeichnet "AEP" den Apothekeneinkaufspreis, der dem nach § 2 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte zuzüglich Umsatzsteuer für das Arzneimittel "A..." höchstzulässigen Preis entspricht. Dieser setzt sich zusammen aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (APU; für "A..." laut IFA-Arzneimitteldatenbank, Stand 11.11.2019, 46,50 EUR), einem Festzuschlag von 70 Cent sowie einem optionalen Zuschlag von 3,15 Prozent. "Preis öff. Apotheke" ist der Preis, den die Beklagte gegenüber ihren Kunden bei Einhaltung der 30-tägigen Zahlungsfrist in Rechnung stellt (hier 47,20 EUR) und "14 Tage Valuta" bezeichnet den Betrag, den die Beklagte bei - vorfristigem - Zahlungseingang innerhalb von 14 Tagen verlangt. Dieser - skontierte - Preis von 45,78 EUR unterschreitet den nach § 2 Abs. 1...