Verfahrensgang
LG Neuruppin (Aktenzeichen 12 Ns 30/00) |
AG Prenzlau (Aktenzeichen 2 Ls 1000/97) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin vom 25. Juli 2000 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Neuruppin zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Prenzlau verurteilte den Angeklagten am 03. September 1998 wegen gemeinschaftlichen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 50, 00 DM. Auf die Berufung des Angeklagten hat die 2. große Strafkammer des Landgerichts Neuruppin durch die angefochtene Entscheidung vom 25. Juli 2000 das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dagegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Revision beigetreten.
Die Revision ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß den §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden.
Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge lässt Rechtsfehler erkennen, die zur Aufhebung des Urteils führen und eine erneute Verhandlung und Entscheidung der Sache durch eine andere Strafkammer des Landgerichts Neuruppin erforderlich machen. Die Erwägungen des Landgerichts, die der Freisprechung des Angeklagten aus tatsächlichen Gründen zugrunde liegen, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Spricht das Gericht den Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht überwinden kann, so ist das zwar grundsätzlich vom Revisionsgericht hinzunehmen (BGHSt 10, 208, 210). Denn die Beweiswürdigung obliegt allein dem Tatrichter, dessen Aufgabe es ist, sich von der Schuld oder Nichtschuld des Angeklagten eine Überzeugung zu verschaffen. Das Revisionsgericht kann die Beweiswürdigung jedoch auf Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie darauf überprüfen, ob die Beweiswürdigung lückenhaft, unklar oder widersprüchlich ist oder überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt werden (BGH bei Pfeiffer/Miebach, NStZ 83, 212; 84, 17; 88, 19). So verhält es sich hier.
Das Landgericht hat die festgestellten Beweisanzeichen nicht erschöpfend gewürdigt. Liegen mehrere Beweisanzeichen vor, so ist eine erschöpfende Beweiswürdigung erforderlich, in deren Rahmen eine Gesamtwürdigung aller Beweisanzeichen vorzunehmen ist (BGH, NStZ 83, 133, 134; 98, 265, 266; BGHR StPO § 261 Indizien 7). Denn auch wenn keine der jeweiligen Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreicht, besteht die Möglichkeit, dass sie in ihrer Gesamtheit dem Gericht die erforderliche Überzeugung vermitteln können (BGHR StPO § 261 Indizien 7). Die Gründe des angefochtenen Urteils lassen nicht erkennen, dass das Landgericht diesen Grundsatz beachtet und eine Gesamtabwägung der festgestellten Indizien vorgenommen hat.
Die Kammer hat bei der Würdigung der von ihr in Bezug genommenen Lichtbilder Nr. 24 (Bl. 99 d. A. ) und Nr. 25 (Bl. 100 d. A. ) außer Acht gelassen, dass die Fotos im Rahmen einer Veranstaltung aufgenommen wurden, die den Urteilsfeststellungen zufolge rechtsextremistischen Charakter hatte. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass im Verlauf der Veranstaltung von deren Teilnehmern nationalsozialistische Parolen gerufen, nationalsozialistische Lieder gesungen und der sog. Hitlergruß gezeigt wurden. Die Kammer hat verkannt, dass es vor diesem Hintergrund fernliegt, die auf dem Lichtbild Nr. 24 zu erkennende Geste des Angeklagten als bloßes Winken zu begreifen; es drängt sich im Gegenteil die Annahme auf, dass der Angeklagte seinen rechten Arm zum sog. Hitlergruß erhoben hatte, als das Foto Nr. 24 gemacht wurde, zumal da der Angeklagte seinen rechten Arm erkennbar ausgestreckt, die unmittelbar neben ihm stehende Person ihren rechten Arm mit nahezu zusammenliegenden Fingern nach vorne gestreckt und jedenfalls eine weitere Person aus der auf dem Foto abgebildeten Gruppe ihren rechten Arm zum sog. Kühnen-Gruß ausgestreckt hatte. Diesen Umständen hat die Kammer nicht Rechnung getragen.
Die Ausführungen, mit denen das Landgericht verbleibende Zweifel daran begründet hat, dass der Angeklagte seinen Arm zum sog. Hitlergruß erhoben habe, lassen überdies besorgen, dass die Kammer überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat. Voraussetzung dafür, dass sich der Tatrichter von der Schuld des Angeklagten überzeugt, ist nicht eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und dementsprechend von niemandem anzweifelbare Gewissheit; es genügt vielmehr ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt. Dabei haben solche Zweifel außer Betracht zu bleib...