Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Anforderungen an die Darlegung der Leistungsunfähigkeit des Verpflichteten
Leitsatz (amtlich)
1. Unterhaltspflichtige oder -berechtigte Personen, die der deutschen Sprache nicht oder nur unvollständig mächtig sind, sind verpflichtet, zur Herstellung bzw. Verbesserung ihrer beruflichen Chancen die deutsche Sprache zu erlernen.
2. Legt der Unterhaltspflichtige seine Einkünfte oder sein Vermögen nicht offen, kann er sich nicht mit Erfolg auf seine Leistungsunfähigkeit zur Zahlung des Mindestunterhalts berufen. Auch der Hinweis auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II genügt den Anforderungen nicht.
3. Zahlungen auf titulierte Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder bleiben bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II nach dem SGB II anrechnungsfrei.
Normenkette
BGB § § 1601 ff., § 1603 Abs. 2, § 1612a
Verfahrensgang
AG Senftenberg (Urteil vom 29.05.2007; Aktenzeichen 31 F 250/06) |
Tenor
1. Das am 29.5.2007 verkündete Urteil des AG Senftenberg (Az. 31 F 250/06) wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an das Kind MB zu Händen der Klägerin für die Zeit von Juli 2006 bis einschließlich Juni 2007 einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 177 EUR und ab Juli 2007 einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 175 EUR zu zahlen, die zukünftig fällig werdenden Beträge monatlich im Voraus bis spätestens zum 5. Tag eines jeden Monats.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um den Unterhaltsanspruch ihres gemeinsamen Kindes MB geboren am 7.9.2004. Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige, der Beklagte ist pakistanischer Staatsangehöriger.
Die miteinander verheirateten Parteien leben seit Juni 2006 voneinander getrennt. Beide beziehen staatliche Transferleistungen nach dem SGB II (Hartz IV). Aus ihrer Ehe ist das zuvor genannte gemeinsame Kind MB hervorgegangen, das seit der Trennung bei der Klägerin lebt und von ihr betreut und versorgt wird. Mit Schreiben vom 5.7.2006 hat die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von Unterhalt für das gemeinsame Kind ab Juli 2006 erfolglos aufgefordert.
Der Beklagte verfügt über keine berufliche Ausbildung. Seit Mai 2007 hat er die Erlaubnis, ein Reisegewerbe als Textilhändler auszuüben. Er ist insoweit befugt zum Feilbieten von Kleidung, Schuhe, Unterwäsche und Geschenkartikeln mit einer Wertgrenze von 26 EUR.
Das gemeinsame Kind erhält Leistungen des Landkreises Oberspreewald-Lausitz nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Zwischen dem Landkreis und dem Kind ist hinsichtlich der insoweit geleisteten Beträge eine Rückübertragungsvereinbarung betreffend übergegangener bzw. noch übergehender Unterhaltsansprüche geschlossen worden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse sich zumindest als fiktiv leistungsfähig zur Zahlung des geltend gemachten Unterhaltes behandeln lassen.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie für das gemeinsame Kind MB., geboren am 7.9.2004, ab dem Monat Juli 2006 monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 177 EUR, monatlich im Voraus, spätestens bis zum 5. eines jeden Monat zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen und dazu insb. behauptet, unter Berücksichtigung des Bezuges von Hartz IV-Leistungen nicht leistungsfähig zu sein. Zudem stehe einer Erwerbstätigkeit, die es ihm erlaube, neben der Deckung des eigenen Bedarfs seinem Kind den notwendigen Lebensbedarf zu sichern, seine mangelnden Deutschkenntnisse und seine Ausländereigenschaft entgegen.
Mit dem am 29.5.2007 verkündeten Urteil hat das AG Senftenberg die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei angesichts seiner persönlichen Eigenschaften, insb. unter Berücksichtigung dessen, dass er keinen Beruf erlernt und keine intensiven Deutschkenntisse habe, nicht in der Lage, für das Kind finanziell zu sorgen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, der Beklagte habe seine Leistungsunfähigkeit nicht ausreichend dargetan. Er habe auch unter Beachtung seiner ausländischen Herkunft nicht dargelegt und nachgewiesen, entsprechend seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten und der Arbeitsmarktlage in zumutbarer Weise seine Arbeitskraft bestmöglich eingesetzt zu haben.
Die Klägerin beantragt nunmehr, in Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an das Kind MB zu ihren Händen für den Zeitraum von Juli 2006 bis einschließlich Juni 2007 monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 177 EUR und ab Juli 2007 monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 175 EUR zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort und die zukünftig fällig werdenden Beträge monatlich im Voraus bis spätestens zum 5. Tag eines jeden Monats.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er behauptet weiterhin, zur Zahlung des geltend gemachten Unterhaltes weder in tatsächlicher noch in fiktiver Hinsicht leistungsfäh...