Leitsatz (amtlich)

1. Ein direkt neben der Rollbahn vorübergehend zum Parken abgestelltes Flugzeug befindet sich auch bei nicht eingeschaltetem Motor in Betrieb i.S.v. § 33 Abs. 1 LuftVG.

2. Zur Abwägung der Verursachungsbeiträge in Bezug auf eine Flugzeugkollision, die sich dadurch ereignet hat, dass ein zum Zwecke des Starts die Rollbahn befahrendes Flugzeug mit einem neben der Rollbahn abgestellten Flugzeug kollidiert.

 

Normenkette

LuftVG § 33 Abs. 1, § 41 Abs. 1; BGB §§ 254, 823

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 22.07.2004; Aktenzeichen 1 O 327/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.7.2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Neuruppin, Az.: 1 O 327/02, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin wird des Rechtsmittels der Berufung verlustig erklärt, soweit sie die Berufung in Höhe eines Betrages von 2.750,58 EUR sowie die gegen die Beklagte zu 3) gerichtete Berufung insgesamt zurückgenommen hat.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Flugunfall vom 16.2.2002, der sich dadurch ereignete, dass der von einer Flugschülerin und dem Beklagten zu 1) als Fluglehrer geführte Motorsegler vor dem Start während des Rollvorganges mit einer auf der rechten Seite neben dem Rollfeld abgestellten Robin kollidierte, wobei aufgrund dieses Vorganges auch die in der Nähe der Robin abgestellte Piper beschädigt wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das LG hat unter Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 3) die Beklagten zu 1) und 2) verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 9.691,18 EUR zu zahlen und hat auf die Widerklage der Beklagten zu 3) die Klägerin verurteilt, an die Beklagte zu 3) einen Betrag von 11.005,16 EUR zu zahlen. Dabei hat es eine Haftungsverteilung von 75 % zu Lasten der Beklagten zu 1) und 2) zugrunde gelegt. Einen Anspruch gegen die Beklagte zu 2. hat es aus § 33 Abs. 1 LuftVG hergeleitet und hat gemeint, dass auch die Klägerin nach dieser Vorschrift hafte, weil sich auch die Robin in Betrieb befunden habe. Dies sei so lange der Fall, als die dem Luftfahrzeug eigentümlichen Triebkräfte, insb. der Wind, darauf einwirken können, was hier nach dem Abstellen der Robin neben der Rollbahn der Fall gewesen sei. Im Rahmen der nach § 41 Abs. 1 S. 2 LuftVG vorzunehmenden Abwägung sei zu Lasten der Beklagten zu 2. die erhöhte Betriebsgefahr des Motorseglers im Rollvorgang zu berücksichtigen sowie ein unfallursächliches Verschulden des Beklagten zu 1), der gegen §§ 3a Abs. 1, 12 Abs. 1, 13 Abs. 9 LuftVO verstoßen habe. Weitere Pflichtverletzungen lägen nicht vor, insb. könne auch nicht von einer überhöhten Geschwindigkeit des vom Beklagten zu 1) geführten Motorseglers ausgegangen werden. Die Geschwindigkeit des Motorseglers habe unstreitig 15 km/h betragen, was angemessen sei. Es sei auch nicht erwiesen, dass der Beklagte zu 1) nach dem Touchieren der Robin den Motorsegler anstatt abzubremsen noch weiter beschleunigt habe. Zulasten der Klägerin sei neben der Betriebsgefahr zu berücksichtigen, dass die Besatzung der Robin keinen ausreichenden Sicherheitsabstand zur Rollbahn eingehalten habe und damit gegen § 1 Abs. 1 LuftVO verstoßen habe. Der sich aus dem polizeilichen Unfallbericht ergebende Abstand zur Rollbahn von nur ca. 3,40 m sei nicht ausreichend. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 1) ergebe sich aus § 823 Abs. 1 BGB, wobei sich die Klägerin wiederum die Betriebsgefahr und das Handeln der Besatzung der Robin gem. § 254 BGB zurechnen lassen müssten.

Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruches hat das LG einen Anspruch aus entgangenem Gewinn bzw. Nutzungsentschädigung mangels schlüssigem Klagevorbringen für nicht begründet erachtet. Wegen der weiteren Schadenspositionen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Hinsichtlich der Widerklage der Beklagten zu 3) hat das LG einen Anspruch auf Ersatz von 25 % des Schadens, den sie als Kasko-Versicherer an die Beklagte zu 2. gezahlt hat, aus §§ 33 Abs. 1 LuftVG, 67 VVG sowie auf Ersatz von 25 % der an den Zeugen K. geleisteten Zahlungen aus §§ 426 BGB, 67 VVG für begründet erachtet. Dabei ist es davon ausgegangen, dass sich der Geschädigte K.. weder einen eigenen Verursachungsbeitrag, noch seine Betriebsgefahr zurechnen lassen müsse. Es sei gerechtfertigt, die einfache Betriebsgefahr der Piper aufgrund der Verursachungsbeiträge des Motorseglers und der Robin zurücktreten zu lassen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 27.7.2004 zugestellte Urteil mit am 23.8. und 24.8.2004 beim OLG Brandenburg eingegangenen Schriftsätzen B...

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